Ostseefischer dürfen 2025 weiter Hering fangen Von Marek Majewsky, dpa

22.10.2024 10:50

Die deutsche Ostseefischerei liegt am Boden, entgeht aber einem
Schlag: 2025 bleibt eine wichtige Ausnahme bestehen. Mit Blick auf
den Fischfang weiter östlich sorgt wie so oft Russland für Unmut.

Luxemburg (dpa) - Auch im kommenden Jahr dürfen deutsche
Ostseefischer mit kleinen Booten und passivem Fanggerät wie
Stellnetzen Heringe gezielt fangen. Eine Mehrheit der EU-Staaten ist
dafür, eine entsprechende Ausnahme zu verlängern, wie das
Bundeslandwirtschaftsministerium mitteilte.

Deutschlands Fischereiminister Cem Özdemir (Grüne) hatte sich zuvor
dafür stark gemacht, dass die Ausnahmen bestehen bleiben, die
EU-Kommission hatte vorgeschlagen sie abzuschaffen. «Wichtig ist mir
zu betonen, dass diese Ausnahme für die kleine Küstenfischerei des
westlichen Herings keine negativen Auswirkungen für die
Bestandserholung hat», so Özdemir.

Die in Luxemburg gefundene Einigung sieht zudem vor, dass kommendes
Jahr knapp 22 Prozent weniger Dorsch in der westlichen Ostsee als
Beifang - etwa beim Schollenfischen - in den Netzen landen darf,
verglichen mit 2024. Die Menge an Hering, die als Beifang gefischt
werden darf, verändert sich vorerst nicht. Die EU-Kommission hatte
auch hier Einschnitte vorgeschlagen. Hintergrund der Vorgaben: Vielen
Fischbeständen in der Ostsee geht es schlecht, teils sehr schlecht.

Keine neue Entwicklung

Umweltschützer warnen schon lange vor den Folgen des Klimawandels,
der Meeresverschmutzung und Überfischung. «Die Fischpopulationen
brauchen Zeit, um sich zu erholen und eine Größe zu erreichen, die
wieder befischt werden kann», heißt es etwa vonseiten des BUND. 

Einmal im Jahr entscheiden die EU-Staaten, wie viel Fisch aus der
Ostsee gezogen werden darf. Als Grundlage dient ein Vorschlag der
EU-Kommission, der unter Beachtung einer wissenschaftlichen
Empfehlung des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES)
erstellt wurde. Die EU-Staaten sind daran aber nicht gebunden.

Angelt Russland der EU die Fische weg? 

Zu den ökologischen und wirtschaftlichen Problemen kommen vor allem
im Osten auch politische Probleme hinzu. Seit Beginn seines
Angriffskriegs gegen die Ukraine werden keine offiziellen Daten über
Fangmengen mehr ausgetauscht.

«Beim Ostdorsch fischt die russische Flotte inzwischen den größten
Teil des Gesamtfangs», sagte der Leiter des Thünen-Instituts für
Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann. Russland nutze
es, wenn EU-Fischer weniger fangen dürften, um ihr Stück vom Kuchen
zu vergrößern.

Angesichts steigender Anteile Russlands bei bestimmten Beständen
komme es «fast sicher zu einer Überfischung», so Zimmermann vor dem
Treffen. Insbesondere bei der Sprotte sei eine drastische
Fangmengensenkung erforderlich. Der Wissenschaftler hält eine
Absenkung um rund 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr für
erforderlich, die Ministerinnen und Minister einigten sich am Ende
auf 30,6 Prozent weniger. Die Auswirkung russischer Flotten auf
deutsche Fischer ist zwar vermutlich gering, umso mehr stellt sie
aber die baltischen Staaten vor Herausforderungen.

Russische Fischer im Fokus

Eine EU-Diplomatin sagte, dass viele EU-Staaten Russlands
Fischereiaktivitäten in der Ostsee bei der Vorbereitung des
Ministertreffens angesprochen hätten. Eine Reihe von Mitgliedstaaten
fordere Sanktionen gegen russische Lebensmittelprodukte, so die
Diplomatin.

Neben klassischen Sanktionen, die einstimmig beschlossen werden
müssen, könnte die EU auch höhere Zölle auf russische
Fischereiprodukte beschließen. Dafür bräuchte es die Zustimmung von
55 Prozent der EU-Staaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung
repräsentieren.

Özdemir zeigte sich offen für höhere Zölle. Er begrüße, dass si
ch die
EU-Staats- und Regierungschefs jüngst dafür ausgesprochen hatten,
etwa durch Einfuhrzölle auf russische Agrarerzeugnisse Russlands
Fähigkeit zur Kriegsführung weiter einzuschränken, so der Minister.
Er betonte, man beobachte die Lage und behalte sich weitere Maßnahmen
vor.

Fische zu Tierfutter verarbeitet

Damit es den Tieren in der Ostsee in Zukunft besser geht, fordert
etwa der Nabu mehr Meeresschutzgebiete. Valeska Diemel vom BUND
betont: «Die Fangquoten wurden zwar in den letzten Jahren stark
gesenkt, doch für viele Populationen kam das zu spät.» Sie kritisiert

auch, dass Fische wie Hering oder Sprotte als Tierfutter verwendet
werden. Kleine Schwarmfische wie die Sprotte brauche es aber etwa
auch, damit der Dorsch sie fressen und sich besser erholen könne.