Fischerei-Experte zu EU-Beschlüssen: «Licht und Schatten»
22.10.2024 12:52
Die deutsche Ostseefischerei liegt am Boden, entgeht aber einem
Schlag: 2025 bleibt eine wichtige Ausnahme bestehen. Mit Blick auf
den Fischfang weiter östlich sorgt wie so oft Russland für Unmut.
Luxemburg/Rostock (dpa) - Der Fischereiexperte Christopher Zimmermann
begrüßt die nach einem EU-Beschluss weiterbestehende Erlaubnis, in
bestimmten Ausnahmen Hering in der westlichen Ostsee fangen zu
dürfen. Man sei froh, dass diese Ausnahmen fortgelten, sagte der
Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock. «Froh
auch deswegen, weil es biologisch gar keinen Unterschied mehr macht.»
Die noch erlaubten Fangmengen seien dafür ohnehin schon zu gering.
Auch im kommenden Jahr dürfen deutsche Ostseefischer mit kleinen
Booten und passivem Fanggerät wie Stellnetzen Heringe gezielt fangen.
Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, diese Ausnahme vom ansonsten
geltenden Verbot gezielter Heringsfischerei in der westlichen Ostsee
abzuschaffen. «Das hätte einfach den Niedergang der Küstenfischerei
bei uns in Mecklenburg-Vorpommern weiter beschleunigt», sagte
Zimmermann.
Für den Dorsch, der zusammen mit dem Hering als sogenannter Brotfisch
lange wichtig war für das Auskommen hiesiger Fischer, wurde
entschieden, dass kommendes Jahr knapp 22 Prozent weniger Dorsch in
der westlichen Ostsee als Beifang - etwa beim Schollenfischen - in
den Netzen landen darf, verglichen mit 2024. «Das spielt eigentlich
auch keine Rolle mehr, weil nur ein Drittel davon überhaupt
angelandet wird», sagte Zimmermann.
Bestände stark unter Druck
Die Bestände in der Ostsee stehen wegen des Klimawandels,
Überfischung und Nährstoffeinträgen stark unter Druck. Die erlaubten
Fangmengen wurden in den zurückliegenden Jahren drastisch gesenkt,
beziehungsweise der gezielte Fang ganz untersagt. Im Gegensatz zum
Dorsch der westlichen Ostsee gibt es beim West-Hering Anzeichen einer
Bestandserholung.
In Richtung Umweltverbände sagte Zimmermann, «es kommt natürlich
nicht auf jeden einzelnen Fisch an». Das könne man mathematisch
nachweisen. Insgesamt sprach er mit Blick auf die Entscheidungen in
Luxemburg von «Licht und Schatten».
Sorge habe er um den Sprottenbestand in der Ostsee. Hier sinkt die
erlaubte Fangmenge um rund 30 Prozent. «So wie die Beschlüsse jetzt
gefasst wurden, ist ziemlich klar, dass der Sprottenbestand im
nächsten Jahr weiter überfischt wird.» Das sei aber eher ein
politisches Problem, weil Russland zuletzt die Fangmengen erhöht
habe, wenn die EU diese gesenkt habe. Man solle auf derartige
Probleme mehr politische Energie verwenden als auf Fangmengen bei
anderen Beständen, die bereits so niedrig seien, dass weitere
Absenkungen keine Auswirkungen mehr hätten.