EZB-Vize sieht schwache Konjunktur im Euroraum mit Sorge

29.10.2024 12:47

Zwar sinkt die Inflation im Euroraum, doch die schwache Wirtschaft
macht der Notenbank Sorgen. Auch der Nahostkonflikt und wichtige
Wahlen beunruhigen die EZB. Zu Zinssenkungen hält sie sich bedeckt.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) betrachtet
die schwache Konjunktur in der Eurozone mit Sorge und fürchtet
zugleich geopolitische Risiken. Was das Wachstum angehe, habe man
keine guten Nachrichten, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos in
einem Interview mit der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, das
auf der Webseite der Notenbank veröffentlicht wurde. 

«Wir sehen, dass sich die Abwärtsrisiken, die wir identifiziert
haben, herauskristallisieren, hauptsächlich, weil der Konsum sich
nicht so erholt wie erwartet», sagte de Guindos. Obwohl die Löhne
stiegen, steigerten die Haushalte nicht ihre Ausgaben. 

Auswirkungen von Nahostkonflikt und Wahlen

Zudem bestünden weiter geopolitische Risiken, die die Notenbank nicht
beeinflussen könne, sagte der EZB-Vize. Zum Beispiel habe der
Nahostkonflikt Auswirkungen auf die Energiepreise und «anstehende
Wahlen» könnten Folgen für den internationalen Handel, das weltweite

Wachstum und die Inflation haben. «Das ist ein Grund, warum wir bei
unseren Entscheidungen sehr vorsichtig sein müssen.» 

Auf Leitzinssenkungen, die viele Investoren beim nächsten Entscheid
der EZB im Dezember erwarten, wollte sich de Guindos nicht festlegen.

Die EZB hatte erst Mitte Oktober den richtungsweisenden
Einlagenzinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent gesenkt. Die
Inflation im Euroraum sank im September deutlich auf 1,7 Prozent,
während die Sorgen über die Konjunktur im Euroraum wuchsen. Die EZB
erwartet dieses Jahr nur ein Mini-Wachstum von 0,8 Prozent, jüngst
trübten sich Konjunkturindikatoren ein. Außerdem wirkt die schwache
Wirtschaft in Deutschland als Bremsklotz. 

Gute Nachrichten gebe es hingegen bei der Inflation, sagte de
Guindos. Die EZB sei zuversichtlich, dass sie ihr Inflationsziel von
mittelfristig zwei Prozent im Jahresverlauf 2025 erreiche.