EU setzt Extrazölle auf E-Autos aus China endgültig in Kraft
29.10.2024 20:21
Die EU erhebt ab Mittwoch zusätzliche Abgaben auf aus China
importierte Elektrofahrzeuge. Deutsche Autobauer zittern. Drohen
Gegenmaßnahmen?
Brüssel (dpa) - Die EU-Zusatzzölle auf die Einfuhr von Elektroautos
aus China treten trotz Widerstands aus Deutschland endgültig in
Kraft. Die EU-Kommission beschloss am Dienstag eine dafür notwendige
Verordnung, wie aus einem Dokument hervorgeht. Die Verordnung wurde
am Abend im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Damit wird sie bereits am
Mittwoch wirksam.
Zuvor hatte Anfang des Monats eine ausreichend große Mehrheit der
EU-Staaten für die Strafzölle gestimmt. Deutschland votierte dagegen
- aus Sorge vor einem neuen großen Handelskonflikt und möglichen
Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Hersteller.
Aus Sicht der Europäischen Kommission sind die Ausgleichszölle
notwendig, um langfristig die Zukunft der Autoindustrie in der EU zu
sichern. Sie kam bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass
chinesische Hersteller von unfairen Subventionen profitieren, die
ihnen einen erheblichen Vorteil auf dem europäischen Markt
verschaffen. Demnach können chinesische Elektroautos normalerweise
rund 20 Prozent günstiger angeboten werden als in der EU hergestellte
Modelle. Bereits im Juli hatte die EU-Kommission deswegen vorläufige
Ausgleichszölle eingeführt.
Für E-Autos des Herstellers BYD gilt nun künftig eine Extra-Abgabe in
Höhe von 17,0 Prozent, wie aus der Verordnung hervorgeht. Für
Elektrofahrzeuge des Produzenten Geely sind demnach 18,8 Prozent
fällig. Der Höchstsatz beträgt 35,3 Prozent.
Kompromisssuche ohne Erfolg
Wie China auf die endgültige Einfuhr der Zölle reagieren wird, ist
noch unklar. Die Regierung in Peking wirft der EU Protektionismus vor
und drohte in der Vergangenheit insbesondere mit höheren Zöllen bei
der Einfuhr von Verbrennern mit großem Hubraum aus der EU in die
Volksrepublik. Davon wären besonders deutsche Autobauer betroffen.
Als mögliche Vergeltungsmaßnahmen begann China zudem Zusatzabgaben
auf den Import von Schweinefleisch und Milchprodukten zu prüfen. Eine
Untersuchung gegen Branntwein führte bereits zu vorläufigen
Maßnahmen.
Verhandlungen über eine mögliche einvernehmliche Lösung des
Handelsstreits blieben bis zuletzt erfolglos. Als eine Option wird
gesehen, dass E-Auto-Händler Preisverpflichtungen eingehen und damit
die Zölle abwenden können.
Bedeutung für Deutschland
Für die deutsche Industrie ist der Handelsstreit ein großes Thema,
weil China der größte Automarkt der Welt ist und Unternehmen um einen
ihrer wichtigsten Absatzmärkte fürchten. Deutsche Firmen wie VW,
Mercedes und BMW produzieren dort nicht nur Wagen speziell für den
chinesischen Markt, sondern auch für den Export.
Der Verband der Automobilindustrie mahnte, durch die Zölle wachse
nicht nur das Risiko eines beiderseitigen Handelskonflikts weiter an,
sondern die Fahrzeuge würden sich auch für die Verbraucherinnen und
Verbraucher verteuern.
Außerdem werde der Hochlauf der Elektromobilität und damit das
Erreichen der Klimaziele in einer «besonders kritischen Phase»
ausgebremst, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. In
Brüssel wiederum gibt es die Einschätzung, diese Position sei vor
allem von Top-Managern der Autobauer geprägt. Ihnen wird vorgeworfen,
vor allem kurz- und mittelfristig gute Zahlen erreichen zu wollen und
nicht so sehr das langfristige Überleben der Autoindustrie im Blick
zu haben.