Melonis Albanien-Pläne kommen vor europäische Justiz
30.10.2024 09:34
Italiens Pläne für Flüchtlingslager in Albanien werden in der EU
aufmerksam verfolgt. Jetzt geht es vor den Europäischen Gerichtshof.
Ein Gericht in Bologna zieht einen Vergleich mit Nazi-Deutschland.
Bologna (dpa) - Die Pläne der italienischen Rechts-Regierung zur
Unterbringung von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU werden nun
auch zu einem Fall für die europäische Justiz. Auf Antrag eines
Gerichts in Bologna soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) in
Luxemburg einen neuen Erlass prüfen, mit dem die rechte
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ihr Vorhaben retten will. Ihr
erster Versuch, über die Asylanträge von Migranten in einem Lager in
Albanien entscheiden zu lassen, war an der italienischen Justiz
gescheitert. Die beiden erst kürzlich eröffneten Lager stehen jetzt
wieder leer.
Das Gericht in der norditalienischen Stadt Bologna rief den EuGH am
Dienstag an, um den erst vergangene Woche von der Meloni-Regierung
verabschiedeten Erlass prüfen zu lassen. Dabei geht es insbesondere
um eine darin verankerte Liste von 19 vermeintlich sicheren
Herkunftsländern von Migranten. Solche Listen sind auch in anderen
Ländern der Europäischen Union umstritten. Melonis Umgang mit
Mittelmeer-Flüchtlingen wird innerhalb der EU aufmerksam verfolgt.
Streit um Einstufung von sicheren Herkunftsländern
Grundlage ist der Fall eines Mannes, der Mitte Oktober mit 15 anderen
Migranten aus Bangladesch und Ägypten auf einem Flüchtlingsboot auf
dem Mittelmeer aufgegriffen und dann von einem italienischen Schiff
nach Albanien gebracht worden war. Dort wurde sein Asylantrag binnen
24 Stunden abgelehnt. Ein Gericht in Rom entschied dann aber, dass
alle Migranten nach Italien gebracht werden mussten, weil nach
EU-Recht weder Bangladesch noch Ägypten völlig sichere
Herkunftsländer seien. In dem neuen Erlass der Meloni-Regierung
werden aber beide Staaten wieder so definiert.
Das Gericht in Bologna verwies nun auf eine EuGH-Entscheidung, wonach
ein Land nur dann als sicher eingestuft werden kann, wenn tatsächlich
alle gesellschaftlichen Gruppen im gesamten Land sicher sind. Zur
Erläuterung zogen die Richter einen Vergleich mit Nazi-Deutschland:
«Deutschland unter dem Naziregime war für die große Mehrheit der
deutschen Bevölkerung ein äußerst sicheres Land: Abgesehen von Juden,
Homosexuellen, politischen Gegnern, Menschen mit
Roma-Volkszugehörigkeit und anderen Minderheitengruppen konnten sich
mehr als 60 Millionen Deutsche eines beneidenswerten Zustands der
Sicherheit erfreuen.»