Kiew behält trotz EU-Kritik einheitliche TV-Nachrichten bei

31.10.2024 19:53

Seit Kriegsbeginn setzt die ukrainische Regierung auf einheitliche
Fernsehnachrichten. Die meisten Ukrainer beziehen ihre Informationen
jedoch aus anderen Quellen. Kritik kam von der EU.

Kiew (dpa) - Trotz Kritik von der Europäischen Union hält die
ukrainische Regierung vorerst am Konzept des zu Kriegsbeginn
eingeführten einheitlichen Nachrichtenfernsehens fest. «Der Staat
plant, die Unterstützung des TV-Marathons nach dem Ende des
Kriegszustands einzustellen», sagte Kulturminister Mykola Totschyzkyj
gemäß einer Mitteilung. Man habe die Empfehlungen der Europäischen
Kommission zur Kenntnis genommen. Der Minister betonte: «Unser Ziel
ist es, einen Raum für Wahrheit und Meinungsfreiheit zu schaffen und
diese Arbeit wird jeden Tag fortgesetzt.»

Tags zuvor hatte die Europäische Kommission in einem Bericht zur
EU-Integration vorsichtige Kritik an der staatlichen Finanzierung des
einheitlichen Nachrichtenfernsehens geäußert. «Es sollte überdacht

werden, ob dies die beste Plattform für einen freien
Meinungsaustausch unter den Ukrainern ist», hieß es in dem Bericht.
Gesondert erwähnt wurde der Parlamentssender, der aktuell
ausschließlich das Einheitsprogramm zeigt.

Fernsehen nicht mehr so relevant

Umfragen zufolge ist das Einheitsnachrichtenfernsehen, das nur noch
von gut einem halben Dutzend Sendern übertragen wird, für die
Ukrainer von geringer Relevanz. Gut die Hälfte der Menschen bezieht
ihre Informationen aus Nachrichtenkanälen bei Telegram.

Über Antenne wird seit März 2022 auf den Programmplätzen der
landesweiten Nachrichtensender und anderer reichweitenstarker Sender
rund um die Uhr ein einheitliches Nachrichtenprogramm ausgestrahlt.
Ziel dieser Maßnahme war anfänglich, russischer Desinformation
entgegenzuwirken und beim Ausfall einzelner Frequenzen trotzdem die
Bevölkerung informieren zu können. Inzwischen ist es eine
Einschränkung vor allem für die drei oppositionellen
Nachrichtensender, die Ex-Präsident Petro Poroschenko nahestehen.
Zwar können diese per Satellit und im Internet ihr eigenes Programm
zeigen. Dort haben sie aber deutlich weniger Zuschauer als über das
Antennenfernsehen. 

Regionale Nachrichtensender unterliegen dieser Auflage nicht und
können ein eigenes Programm im Rahmen der geltenden Kriegszensur
gestalten. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen der Ukraine stieg im
Mai dieses Jahres aus der Übertragung aus und zeigt wieder eigene
Nachrichten. Unterhaltungssender sind bereits seit Längerem zum
gewohnten Programm mit Filmen, Serien und Shows übergegangen.

Die Ukraine wehrt sich seit über zweieinhalb Jahren gegen eine
russische Invasion. Seit 2022 ist das osteuropäische Land ein
EU-Beitrittskandidat.