EU berät nach US-Wahl über Wettbewerbsfähigkeit

08.11.2024 04:30

Europas Wirtschaft hinkt hinterher und spätestens nach der US-Wahl
steht fest: Die geopolitischen Herausforderungen werden nicht
weniger. Die EU sucht nach Lösungen - und Geld.

Budapest (dpa) - Nach dem klaren Sieg von Donald Trump bei der
US-Präsidentschaftswahl suchen die Staats- und Regierungschefs der
Europäischen Union an diesem Freitag nach Wegen, um die Wirtschaft
des Kontinents zukunftssicher aufzustellen. Konkret geht es dabei
darum, wie die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen vor
allem gegenüber Konkurrenz aus China und den USA gestärkt werden
kann. Beide Länder verschaffen ihren Unternehmen aus EU-Sicht mit
hohen Subventionen Vorteile, sodass Europa das Nachsehen hat.

Auf der Tagesordnung des Gipfeltreffens von Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD) und seinen Kollegen in Budapest stehen etwa Beratungen zur
Stärkung des Binnenmarktes sowie dazu, wie produktiver und
innovativer gearbeitet werden kann. Auch über Europas
Verteidigungsbereitschaft und die grüne Transformation der Wirtschaft
soll diskutiert werden. Grundlage für die Debatte ist eine Analyse
des früheren Chefs der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Diese
zeigt Schwächen als auch Handlungsoptionen für die
Staatengemeinschaft auf. 

Geopolitische Herausforderungen wachsen

Die Aussicht auf Trump als neuen US-Präsidenten verstärkt die
Dringlichkeit der Debatte der EU-Staats- und Regierungschefs. Er
hatte im Wahlkampf angekündigt, auf Importe aus Weltregionen wie
Europa neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent einführen zu wollen.

Damit will er den Produktionsstandort USA stärken und das aktuelle
Handelsdefizit abbauen. Mehrere Ökonomen warnten jüngst vor der
Rückkehr Trumps ins Weiße Haus. Diese würde für europäische
Unternehmen eine erhebliche handelspolitische und geopolitische
Unsicherheit bedeuten und sich negativ auf das Wachstum auf dem
Kontinent auswirken.

Besonders hart könnte es für die deutsche Autoindustrie und ihre
Zulieferer werden. Für Hersteller wie Volkswagen, BMW und
Mercedes-Benz sind die USA zusammen mit China der wichtigste
Absatzmarkt außerhalb der EU. Sonderzölle hätten voraussichtlich
erhebliche negative Auswirkungen.

Finanzierung strittig

Für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU braucht es vor allem

Geld. Strittig ist, woher dies genau kommen soll. Für notwendige
Investitionen müssten sowohl öffentliche als auch private Mittel
mobilisiert werden, heißt es in einem Entwurf für die
Abschlusserklärung des Treffens, der der Deutschen Presse-Agentur
vorliegt. «Wir sind entschlossen, alle Instrumente und Werkzeuge zu
prüfen und zu nutzen», schreiben die Staats- und Regierungschefs.
Damit bleibt auch die Option einer neuen gemeinsamen Schuldenaufnahme
auf dem Tisch. Deutschland positioniert sich bislang klar dagegen,
andere Länder sind dafür. Bislang nahm die EU solche im großen Stil
nur für den milliardenschweren Corona-Aufbaufonds auf.

Einig sind sich die Spitzenpolitiker dabei, dass die Europäische
Investitionsbank und der langfristige Haushalt der
Staatengemeinschaft eine wesentliche Rolle spielen sollen. Zudem soll
auf die Einführung neuer Eigenmittel hingearbeitet werden - das
könnte eine neue Steuer auf Krypto-Währungen sein.

Um mehr privates Geld zu mobilisieren, pochen die Staats- und
Regierungschefs daher auch auf «dringende Fortschritte bei der
Kapitalmarktunion». Dabei geht es im Kern darum, bürokratische Hürden

zwischen den EU-Staaten abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten
zu geben, sich Geld zu beschaffen. «Darüber hinaus würden größere

Kapitalinvestitionen dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der EU
bei kritischen Technologien zu sichern», schreiben die
Spitzenpolitiker.