Özdemir kritisiert Chaos bei EU-Entwaldungsgesetz

18.11.2024 16:35

In Brüssel ist Streit um ein Waldschutzgesetz entbrannt. Der
Grünen-Politiker Özdemir nutzt das im beginnenden Wahlkampf für
scharfe Attacken gegen die Konkurrenz.

Brüssel (dpa) - Bundesagrarminister Cem Özdemir hat angesichts von
geforderten Änderungen an einem EU-Waldschutzgesetz vor einem Chaos
gewarnt. «Das ist doch ein Unding, dass wir im November nicht wissen,
was im Januar Fakt ist», sagte er am Rande eines Treffens mit seinen
EU-Amtskolleginnen und -kollegen in Brüssel. Eigentlich sollten in
der EU ab kommendem Jahr strengere Regeln zum Waldschutz gelten. 

Das EU-Parlament hatte vergangene Woche jedoch Änderungsanträge des
Mitte-Rechts-Bündnisses EVP - dem auch CDU und CSU angehören -
angenommen, wonach zum Beispiel eine Kategorie von sogenannten
Nicht-Risiko-Ländern eingeführt werden soll. Für Produkte aus diesen

Ländern würden den Angaben zufolge deutlich weniger strenge Regeln
gelten. 

Eigentlich sollte das Gesetz nur verschoben werden, nachdem es
vehemente Kritik aus der Wirtschaft gegeben hatte. Dieser Schritt ist
auch weitgehend unumstritten und war etwa auch von Özdemir gefordert
worden. So sollte unter anderem Firmen mehr Zeit gegeben werden, die
neuen Regeln einhalten zu können. Weil das EU-Parlament aber auch
inhaltliche Änderungen fordert, muss nun mit den EU-Staaten bis Ende
des Jahres ein Kompromiss ausgehandelt werden. 

Gesetz soll Regenwald schützen

Nach dem Gesetz dürfen Produkte wie Kaffee, Holz, Soja, Kakao und
Palmöl künftig nur noch dann in der EU verkauft werden, wenn dafür
nach 2020 keine Wälder gerodet wurden. Damit soll auch die Abholzung
des Regenwaldes etwa im südamerikanischen Amazonasgebiet deutlich
reduziert werden. 

Ob Özdemir gegen die von der CDU eingebrachten Änderungsvorschläge
stimmen wird, ließ er zunächst offen. Zuvor wolle er mit seinen
EU-Amtskolleginnen und -kollegen sprechen. Dabei kritisiert er die
politische Konkurrenz für ihr Vorgehen vehement: Vernunft scheine bei
der EVP «verpönt» zu sein, und man müsse das Handwerkszeug der
Politik schon beherrschen. «Jetzt droht wieder Chaos zu entstehen»,
so Özdemir. Bei ihm meldeten sich viele Unternehmen mit der Frage,
welche Regeln ab kommendem Jahr gelten würden.

CDU-Kritik an Özdemirs Aussagen

Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) zeigte
kein Verständnis für Özdemirs Aussagen und sprach von
«Krokodilstränen». Die Verordnung müsse dringend besser gemacht
werden und dürfe nachhaltige Waldwirtschaft in Europa nicht
verhindern. In ihrer bisherigen Form hätte das Vorhaben große
negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Özdemir hätte sich
früher intensiver mit dem Gesetz auseinandersetzen sollen. 

Konkret sollen Unternehmen künftig eine Sorgfaltserklärung abgeben,
dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet
oder geschädigt wurde. Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss
mit hohen Strafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in
der EU rechnen. Wenn die geforderte Verschiebung der Verordnung
kommt, würde sie am 30. Dezember 2025 für Großunternehmen und am 30.

Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen in Kraft treten.