Juncker hofft auf «klaren Pro-Europa-Kurs» Deutschlands

21.11.2024 03:36

Nicht nur in Deutschland wird die nächste Bundestagswahl mit Spannung
erwartet. Auch für Europa ist die Wahl wichtig, sagt ein prominenter
Europäer.

Luxemburg (dpa) - Der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker erhofft von der künftigen deutschen Bundesregierung die
Rückkehr zu einem eindeutig proeuropäischen Kurs. «Es ist zu
wünschen, dass die neue deutsche Bundesregierung, wenn sie in Amt und
Würden ist, einen klaren Pro-Europa-Kurs steuert», sagte Juncker der
Deutschen Presse-Agentur. Er hoffe auch, dass sich das für Europa
wichtige deutsch-französische Verhältnis «im ersten Halbjahr 2025 in

eine bessere Richtung bewegt».

«Man hatte sich daran gewöhnt, dass Deutschland zu den
proeuropäischen Kräften ohne Nuancen zählt», sagte Juncker. «Das
ist
nicht mehr so.» In den vergangenen Jahren habe man oft die deutsche
Position zu bestimmten Sachfragen nicht mehr klar erkennen können.
Die Bundesregierung habe sich immer dann enthalten, wenn die
Koalitionspartner sich nicht auf einen Standpunkt einigen konnten.
«Es hat eine Unmenge von deutschen Enthaltungen gegeben. Enthaltung
ist aber keine Haltung.» 

Mehr gemeinsames Handeln

Juncker fügte hinzu: «Und es stimmt mich missvergnügt, dass ein
großes Land - Deutschland ist ja immer das größte Land - manchmal
sprachunfähig in Brüssel ist. Das ist kein guter Zustand und auch der
Respektabilität und der Autorität deutscher Meinungsäußerung nicht

zuträglich.»

Auch in Frankreich müsse wegen der fehlenden Regierungsmehrheit «die
aktive Regierungsfähigkeit mit einem Fragezeichen versehen» werden:
«Was nicht gut ist, denn es braucht mehr gemeinsames Handeln der
Deutschen und der Franzosen in Europa, um diesem Stillstand, den es
in Europa mancherorts gibt, ein Ende zu bereiten.» 

Die deutsche Antwort auf Vorschläge des französischen Präsidenten
Emmanuel Macron für mehr gemeinsames Handeln sei «ziemlich
zurückhaltend bis mickrig» gewesen. Das sei auch für Europa nicht
gut. «Deshalb ist es wünschenswert, dass auch das
deutsch-französische Verhältnis sich bessern wird, wenn eine neue
deutsche Bundesregierung im Amt ist.» Dies habe mit
Parteizugehörigkeiten nichts zu tun: «Mir reicht es, wenn der nächste

deutsche Bundeskanzler einen proeuropäischen Kurs steuert.»