Deutscher Haushaltsplan missachtet EU-Empfehlungen

26.11.2024 16:49

Am Streit übers Geld ist die Ampel zerbrochen. Auch mit Brüssel läuft

es in Sachen Haushaltsplanung nicht glatt - obwohl gerade Deutschland
sich immer für strenge EU-Schuldenregeln eingesetzt hatte.

Straßburg (dpa) - Der von der scheidenden Bundesregierung in Brüssel
eingereichte Haushaltsplan für das nächste Jahr verstößt gegen
Empfehlungen der EU-Kommission zur Einhaltung der europäischen
Schuldenregeln. Die veranschlagten Nettoausgaben dürften über den
einschlägigen Obergrenzen liegen, teilte die Brüsseler Behörde mit.
Bei Verstoß gegen die EU-Schuldenregeln droht ein Strafverfahren.

Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 wurde bislang nur - mit
bestehenden Lücken in Milliardenhöhe - vom Kabinett in Berlin
beschlossen. Das Aus der Ampel-Koalition verhinderte den ebenfalls
noch notwendigen Beschluss im Bundestag. Erwartet wird nun, dass der
Haushalt 2025 erst im Frühjahr oder Sommer beschlossen wird von der
dann neuen Bundesregierung. Nach einem heftigen Streit über den
Haushalt hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister
Christian Lindner (FDP) Anfang des Monats entlassen. 

Mittelfristiger Haushaltsplan aus Berlin fehlt weiter

Neben den Haushaltsplänen der Länder des Euro-Raums für das kommende

Jahr bewertete die Europäische Kommission auch die von allen
EU-Mitgliedsländern verpflichtend einzureichenden mittelfristigen
Haushaltspläne. Um für solide Finanzen gemäß der europäischen
Schuldenregeln zu sorgen, muss jedes Land zusammen mit der
EU-Kommission einen solchen vierjährigen Haushaltsplan aufstellen.
Dieser hätte eigentlich bis Mitte Oktober eingereicht werden sollen. 

Deutschland hat dies aber - wie laut EU-Kommission fünf weitere
Länder auch - noch nicht getan. Man sei nach dem Ampel-Aus weiter in
Kontakt mit der Brüsseler Behörde, hieß es. EU-Kommissionsvize Valdis

Dombrovskis sagte, die Kommission erwarte, dass Deutschland seine
mittelfristige Finanzstrukturplanung nach den Neuwahlen im Februar
vorlegen werde.

Mitte Oktober hatte die Bundesregierung zudem signalisiert, wegen der
schlechten Wirtschaftslage mehr Zeit für die Anpassung der Ausgaben
zu brauchen. Statt eines Vier-Jahre-Plans könnte die Bundesrepublik
einen siebenjährigen Plan für den Haushalt aufstellen - dies ist
unter bestimmten Bedingungen erlaubt. 

Schuldenregeln gelten für alle EU-Staaten

Die europäischen Schuldenregeln, auch Stabilitäts- und Wachstumspakt
genannt, gelten für alle Mitgliedsländer der EU. Das Regelwerk
schreibt unter anderem vor, dass der Schuldenstand eines
Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht
überschreiten darf. Gleichzeitig muss das gesamtstaatliche
Finanzierungsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) gehalten werden. Wer die Grenzen übertritt, riskiert ein
Strafverfahren. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde im Frühjahr
reformiert. Vor allem Ex-Bundesfinanzminister Lindner hatte sich für
strenge Regeln stark gemacht.

Defizitverfahren gegen Österreich?

Auch andere reichere Mitgliedsstaaten wie etwa Österreich und die
Niederlande sind Verfechter strenger Ausgabengrenzen, im Gegensatz zu
weniger wohlhabenden, südlichen EU-Staaten. Die schleppende Erholung
von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und Russlands Krieg
gegen die Ukraine machen es den normalerweise sparsamen Ländern
jedoch schwer, ihr Defizit niedrig zu halten. So kommt die
EU-Kommission in ihrer Bewertung der Haushaltspläne für 2025 auch zu
dem Schluss, dass etwa jener der Niederlande wegen zu hoher
Nettoausgaben nicht mit den Vorgaben in Einklang steht. 

Österreich hat den Angaben nach für 2024 ein geplantes Defizit über
der Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gemeldet. Weil
in den nächsten Jahren ohne nötige Reformen kein Sinken zu erwarten
sei, erwägt die Kommission demnach, dem Rat das Feststellen eines
übermäßigen Defizits vorzuschlagen. Dann könnte ein sogenanntes
Defizitverfahren folgen, das Staaten zu solider Haushaltsführung
bringen soll. Theoretisch sind bei anhaltenden Verstößen auch Strafen
in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese aber noch nie
verhängt. Derzeit laufen Defizitverfahren gegen Frankreich, Italien,
Belgien, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien und die Slowakei.

Insgesamt stimmen nach Bewertung der EU-Kommission 8 der
eingereichten 17 Haushaltspläne für 2025 der Länder mit Euro mit den

Vorgaben überein. Bei den mittelfristigen Haushaltsplänen erfüllten
20 von 21 bewerteten Vorhaben die Anforderungen. Die Niederlande
müssen aus Sicht der Kommission nachbessern.