Prüfer: EU-Regeln gegen Steuervermeidung lückenhaft

28.11.2024 17:00

Schätzungen zufolge gehen der EU durch Gewinnverlagerungen von
Konzernen jährlich bis zu 100 Milliarden Euro durch die Lappen. Die
EU-Prüfer fordern die Europäische Kommission zum Handeln auf.

Luxemburg (dpa) - Die EU-Vorschriften zum Schutz vor Steuervermeidung
durch Unternehmen reichen nach Einschätzung des Europäischen
Rechnungshofes nicht aus. Internationale Konzerne wenden den Prüfern
mit Sitz in Luxemburg zufolge zunehmend komplexe Strategien an, um
ihre Steuerlast zu verringern. Laut einem Bericht der EU-Kommission
werden die Verluste bei Steuereinnahmen in der EU durch
Gewinnverlagerungen von Konzernen auf bis zu 100 Milliarden pro Jahr
geschätzt. 

Unterschiedliche Steuersysteme in den Mitgliedsländern

So nutzten Konzerne etwa Lücken und Unterschiede in den
Steuersystemen verschiedener Länder, was laut Rechnungshof zu
unfairem Wettbewerb zwischen Unternehmen und zu ungleichen
Wettbewerbsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten führen kann. «Da
einige EU-Länder dadurch erhebliche Steuerausfälle erleiden könnten,

müssten letzten Endes andere Steuerzahler die entgangenen Einnahmen
durch höhere Beiträge ausgleichen.» 

Dennoch gestalteten die Mitgliedsstaaten weiterhin ihre eigenen
Steuergesetze und -systeme. Die EU-Kommission könne nur tätig werden,
wenn der EU-Binnenmarkt mutmaßlich verzerrt werde. «Die Kommission
sollte ihre begrenzten Befugnisse in diesem Bereich ausreizen: Sie
sollte die vorhandenen Lücken schließen, ihre Leitlinien für die
EU-Länder weiterentwickeln, um schädlichen Steuerpraktiken klar
Einhalt zu gebieten, und für die rasche Entwicklung eines gemeinsamen
Leistungsüberwachungssystems sorgen», forderte ldikó Gáll-Pelcz vom

Rechnungshof.

EU-Kommission: Bekämpfung von Steuervermeidung ist Priorität

Nach Angaben der Prüfer werden die EU-Rechtsvorschriften auf diesem
Gebiet ausgeweitet. In den letzten Jahren hätten drei neue
EU-Richtlinien unter anderem darauf abgezielt, EU-weit gemeinsame
Vorschriften zur Eindämmung schädlicher Steuerpraktiken festzulegen.
Die EU-Kommission habe jedoch offengelassen, wie diese Vorschriften
in der Praxis angewendet werden sollen, bemängeln sie. Lücken und
unklare Definitionen führten zu unterschiedlichen Auslegungen in den
einzelnen Mitgliedstaaten.

Von der EU-Kommission heißt es: «Die Bekämpfung der Steuervermeidung

und die Gewährleistung eines fairen Steuerwettbewerbs zählen nach wie
vor zu den wichtigsten Prioritäten der EU.» Zwar seien viele
Maßnahmen ergriffen worden, doch könne sich die EU nicht auf ihren
Lorbeeren ausruhen, da sich der Steuerwettbewerb weiterentwickelt.
Verschiedene Gesetze und Richtlinien seien in Arbeit. Die Kommission
unterstütze die Mitgliedstaaten bei der Analyse von Steuerlücken.