Tausende demonstrieren nach Georgiens Absage an die EU
28.11.2024 23:50
Seit Monaten gibt es in Georgien Demonstrationen gegen die
Regierungspartei. Nun kappt die Führung den Gesprächsfaden mit
Brüssel. In der Hauptstadt Tiflis ist die Lage gespannt.
Tiflis (dpa) - Die Absage der georgischen Führung an
Beitrittsgespräche mit der EU hat in der Südkaukasusrepublik Proteste
ausgelöst. In der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) versammelten sich bis
in den späten Donnerstagabend im Zentrum mehrere Tausend Menschen am
Parlamentsgebäude. Ein Großaufgebot bewaffneter Polizisten riegelte
offizielle Gebäude. Nach Mitternacht (Ortszeit) setzten die
Sicherheitskräfte Pfefferspray und Wasserwerfer ein. Nach
Fernsehberichten gab es mehrere Verletzte und auch Festnahmen.
Staatspräsidentin Salome Surabischwili schloss sich dem Protest an.
Sie appellierte an die Sicherheitskräfte, nicht gegen die
Demonstranten vorzugehen. Zugleich forderte sie eine Wiederholung der
von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl von Ende
Oktober. Offiziell ist ein Sieg der Regierungspartei Georgischer
Traum erklärt worden.
Proeuropäische Kundgebungen mit Hunderten Teilnehmern wurden auch aus
den großen georgischen Städten Batumi, Kutaissi, Gori und Sugdidi
gemeldet.
Regierung zieht den Stecker bei Gesprächen mit der EU
Nachmittags hatte der nationalkonservative Ministerpräsident Irakli
Kobachidse den Beitrittsprozess für gestoppt erklärt. Vor Ende 2028
werde Georgien nicht mit Brüssel über einen Beitritt verhandeln und
bis dahin auch keine Haushaltszuschüsse der EU annehmen. Er wertete
Kritik der EU am zunehmend autoritären Kurs von Georgischer Traum als
unangemessenen Druck auf sein Land.
Die frühere Sowjetrepublik Georgien hat im Dezember 2023 gemeinsam
mit der Ukraine und der Republik Moldau den Status eines
EU-Beitrittskandidaten erhalten. Das Verhältnis hat sich aber rapide
verschlechtert, weil die Regierungspartei zunehmend europakritisch
agiert und angeblichen ausländischen Einfluss im Land beschränken
will.
Die angestrebte Kontrolle über die Zivilgesellschaft ähnelt dabei den
Methoden in Russland. Auch Brüssel hat deshalb die Annäherung auf Eis
gelegt. Die Opposition will am Europakurs festhalten. Sie wirft der
Regierung vor, ihr Wahlsieg sei nur durch Manipulation erreicht
worden.