Grünes Licht der EU für Staats-Einstieg bei Meyer Werft
05.12.2024 17:29
Um die finanziell angeschlagene Meyer Werft zu retten, hilft der
Staat. Die Genehmigung aus Brüssel erreicht Niedersachsen kurz vor
Weihnachten.
Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission hat grünes Licht für die Rettung
der kriselnden Meyer Werft durch den Einstieg des Landes
Niedersachsen und des Bundes gegeben. «Das Vorhaben betrifft in
erster Linie den Bau und Verkauf von Kreuzfahrtschiffen», teilte die
EU-Kommission mit. Das Vorhaben gebe keinen Anlass zu
wettbewerbsrechtlichen Bedenken.
«Jetzt ist endgültig klar, dass sich Bund und Land gemeinsam an die
Arbeit machen können, die Meyer Werft auf ihrem Weg in eine gute
Zukunft zu begleiten», sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan
Weil (SPD).
Volles Auftragsbuch
Dabei liege allerdings noch viel Arbeit vor dem Unternehmen. Aber die
Werft sei bei Reedern hoch anerkannt und mit einem Auftragsbuch in
Höhe von mehr als elf Milliarden Euro zukunftsfähig. «Womöglich ist
einiges in der Vergangenheit nicht optimal gewesen, aber der Kern des
Unternehmens ist ausgesprochen gesund», sagte Weil.
Die Meyer Werft habe auch eine große Bedeutung über Niedersachsen
hinaus. Bundesweit seien direkt und indirekt etwa 20.000
Arbeitsplätze mit der Werft verbunden, sagte Weil. Sie spiele auch in
der deutschen Schiffbaubranche eine wichtige Rolle - ein Ausfall
dieses Unternehmens hätte noch andere Unternehmen in Schwierigkeiten
gebracht. Daher sei der Einstieg der öffentlichen Hand bei der Meyer
Werft wichtig für die Leistungsfähigkeit der maritimen Wirtschaft.
Einstieg von Bund und Land bis Weihnachten
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einer
«richtig guten Botschaft kurz vor Weihnachten». Der Einstieg von Bund
und Land bei der Werft solle bis Weihnachten erfolgen.
«Wir freuen uns über die Entscheidung der EU-Kommission und sind
dankbar, dass die Kommission so zügig entschieden hat, um keine lange
Phase von Verunsicherung bei unseren Mitarbeitenden, aber auch bei
unseren Kunden und Geschäftspartnern entstehen zu lassen», teilte die
Werft mit. Nun könne man ohne weiteren Hemmnisse den Sanierungsplan
umsetzen.
Nach früheren Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums zahlen der
Bund und das Land Niedersachsen jeweils 200 Millionen Euro für
insgesamt 80,73 Prozent der Anteile der Meyer Werft in Papenburg und
der Neptun Werft in Rostock. Zudem sicherten Bund und Land einen
Kreditrahmen von insgesamt 2,6 Milliarden Euro zu 80 Prozent mit
einer Bürgschaft ab. Die übrigen 20 Prozent der Kreditsumme
verblieben den Angaben zufolge im Risiko der Banken.
Krise Folge der Corona-Krise
Allerdings soll das Engagement von Bund und Land zeitlich begrenzt
sein. Das Unternehmen solle nach einer erfolgreichen Sanierung wieder
in private Hände gehen, hatte Weil im Sommer deutlich gemacht. Einen
Zeitpunkt für den Rückzug des Staates gibt es aber noch nicht.
Das seit fast 230 Jahren bestehende Familienunternehmen, das für
seine Kreuzfahrtschiffe bekannt ist, war aufgrund der Corona-Krise
und dem damit verbundenen weltweiten Einbruch der Tourismus-Branche
in finanzielle Schieflage geraten. Die Auftragsbücher sind zwar voll,
aber einige Verträge für Schiffe, die noch vor der Corona-Pandemie
geschlossen wurden, sehen keine Anpassung an die stark gestiegenen
Energie- und Rohstoffpreise vor.
Arbeitsplatzabbau geplant
Hinzu kam, dass im Schiffbau in der Regel 80 Prozent des Baupreises
erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt werden. Ohne staatliche
Bürgschaften wäre die Werft nicht an die dringend benötigten
Baukredite gekommen.
Zu dem Neustart der Werft unter staatlicher Führung gehört allerdings
auch der Abbau von 340 Arbeitsplätzen, der sozialverträglich über ein
Freiwilligenprogramm erfolgen soll. «Wir sind noch nicht am Ende mit
dem Arbeitsplatzabbau, daher ist die Stimmung angespannt bei den
Kolleginnen und Kollegen, weil noch nicht alle wissen, ob sie
betroffen sind oder nicht», sagte Betriebsratsvorsitzender Andreas
Hensen.
Bedeutung für Energiewende
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte im September, die
Meyer Werft sei «von systemischer Bedeutung für die maritime
Wirtschaft mit vielen Tausenden Arbeitsplätzen». Darüber hinaus kön
ne
sie auch für die Energiewende eine bedeutende Rolle spielen. Das
Unternehmen hat inzwischen damit begonnen, Stahlbauteile für
Konverterstationen für Windparks auf See fertigen.
Konverterplattformen sind große technische Anlagen, die auf fest
verankerten Pfählen im Meer stehen. Darin wird der von den
Windkraftanlagen produzierte Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt.
Für die ambitionierten Ausbaupläne der Bundesregierung für die
Offshore-Windenergie gelten die tonnenschweren Konverterplattformen
als eine industrielle Schlüsselkomponente. Die Fertigungskapazitäten
dafür sind knapp.