Nato-Generalsekretär kritisiert Debatte über Waffenruhe
18.12.2024 17:35
Das heutige Treffen von Spitzenvertreten europäischer Nato-Staaten
mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sorgt seit Tagen für
Gesprächsstoff. Der Nato-Generalsekretär warnt jetzt vor den Folgen.
Brüssel (dpa) - Nato-Generalsekretär Mark Rutte hält die öffentlich
e
Debatte über mögliche zukünftige Waffenstillstandsverhandlungen
zwischen der Ukraine und Russland für kontraproduktiv. «Ich glaube,
wir sollten uns jetzt darauf konzentrieren, sicherzustellen, dass die
Ukraine in eine Position der Stärke gelangt», sagte Rutte vor einem
abendlichen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj und Spitzenvertretern europäischer Bündnisstaaten. Die
Diskussion über all das, was danach komme, beginne, wenn Selenskyj,
Russlands Präsident Wladimir Putin und andere am Tisch säßen.
«Wenn wir jetzt untereinander diskutieren, wie ein solches Abkommen
aussehen könnte, machen wir es den Russen einfach. Sie sitzen
entspannt in ihren Sesseln, hören unseren Diskussionen zu, rauchen
genüsslich eine Zigarre und sehen sich das alles im Fernsehen an»,
sagte er. «Das halte ich nicht für hilfreich.»
Rutte: Sollten uns auf das Wesentliche konzentrieren
Rutte fügte hinzu, dass es in Demokratien natürlich unvermeidlich
sei, dass man all diese Dinge offen diskutiere. Aus seiner Sicht wäre
es aber klug, das etwas einzudämmen und sich auf das Wesentliche zu
konzentrieren. Zuletzt hatte es unter anderem Debatten darüber
gegeben, ob und wenn ja wie ein möglicher Waffenstillstand mit
Soldaten aus Nato- und EU-Staaten abgesichert werden könnte.
Nach Angaben von Rutte sollen bei dem abendlichen Treffen mit
Selenskyj und Spitzenvertretern europäischer Bündnisstaaten vor allem
weitere Unterstützungsmöglichkeiten besprochen werden. Es gehe um die
Frage, was man tun könne, um mehr Luftverteidigungssysteme und andere
Waffen in die Ukraine zu bringen, sagte Rutte am Nachmittag bei einer
Pressekonferenz mit Litauens Präsident Gitanas Nauseda. Dies sei
dringend notwendig, weil die Ukrainer berechnet hätten, dass sie etwa
19 zusätzliche Luftverteidigungssysteme benötigen, um ihre kritische
Energieinfrastruktur zu schützen.
EU-Vertreter kommen auch zu Ukraine-Treffen
«Darüber hinaus benötigen sie allgemein mehr Unterstützung, um sich
in eine Position der Stärke zu versetzen und das, was derzeit
geschieht, zurückzudrängen», fügte Rutte mit Blick auf die aktuelle
russische Offensive hinzu. Als ein Beispiel nannte er wirtschaftliche
Hilfe. Deswegen würden auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen und Ratspräsident António Costa an dem Treffen teilnehmen.
Zur Frage von möglichen Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen
der Ukraine und Russland betonte Rutte, diese müssten von Ukraine
selbst geführt werden und aus einer Position der Stärke heraus
erfolgen. Es gehe darum sicherzustellen, dass man alles in seiner
Macht Stehende tun, um Selenskyj in eine Position der Stärke zu
bringen, damit dieser - wenn er es für richtig halte - Gespräche mit
den Russen aufnehmen könne.
Zu dem Treffen am späten Abend in Ruttes offizieller Brüsseler
Residenz wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet. Als
wahrscheinliche Teilnehmer galten zudem auch die Staatschefs von
Polen und Italien und der britische Außenminister David Lammy. Als
Vertreter nordischer und osteuropäischer Staaten soll nach Angaben
von Nauseda Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen mit dabei
sein.