EU plant Bestrafung georgischer Regierungsvertreter
20.12.2024 13:29
Im EU-Beitrittskandidatenland Georgien geht die Polizei mit Gewalt
gegen proeuropäische Demonstranten vor. Das soll nun Konsequenzen
haben. Ein Vorschlag bleibt aber blockiert.
Brüssel (dpa) - Wegen der Unterdrückung proeuropäischer
Demonstrationen in Georgien sollen bestimmte Regierungsvertreter und
deren Familienangehörige künftig nicht mehr ohne Visum in die
Europäische Union einreisen dürfen. Die EU-Kommission legte am
Freitag auf Bitten des EU-Außenministerrates einen entsprechenden
Regelungsvorschlag für die Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen
vor. Er soll nun per Mehrheitsentscheidung von den Regierungen der
EU-Staaten angenommen werden. Georgier mit normalen Reisepässen
sollen für Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen in einem Zeitraum von
180 Tagen weiter ohne Visum in die EU einreisen dürfen.
Polizei wird ungerechtfertigte Gewaltanwendung vorgeworfen
Die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen erklärte, der Plan sei
eine entschlossene Reaktion der EU auf den Kurs der aktuellen
Regierung, der die gewaltsame Unterdrückung friedlicher
Demonstranten, politischer Gegner und unabhängiger Medien umfasse.
Wer grundlegende Rechte nicht respektiere, sollte auch nicht mehr von
der Visaliberalisierung profitieren.
Hintergrund der seit Wochen andauernden Demonstrationen in Georgien
sind unter anderem Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der
jüngsten Parlamentswahl sowie die Ankündigung der Regierungspartei
Georgischer Traum, den EU-Beitrittsprozess bis 2028 auf Eis legen zu
wollen. Kritiker befürchten, dass dies auch mit einem Einfluss
Russlands zu tun hat. Bei den Demonstrationen kam es zuletzt
wiederholt zu Ausschreitungen mit Verletzten und mehreren Hundert
Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen.
Ungarn und Slowakei bremsen bei anderen Ideen
Ursprünglich hatte auch ein Vorschlag auf dem Tisch gelegen, mehrere
Verantwortliche für Polizeigewalt mit kompletten EU-Einreiseverboten
zu belegen und das Einfrieren von möglicherweise in der EU
vorhandenen Vermögenswerten anzuordnen. Dafür wäre aber eine
einstimmige Entscheidung der EU-Staaten notwendig gewesen und Ungarn
und die Slowakei blockierten das Vorhaben. Der ungarische
Außenminister Péter Szijjártó begründet den Schritt mit einer
angeblichen Parteinahme der EU für die Protestierenden. Georgien
werde nur deswegen ins Visier genommen, weil anstatt liberaler Kräfte
eine patriotische und konservative Partei die jüngsten Wahlen
gewonnen habe, behauptete er.