Selenskyj kritisiert Fico scharf nach dessen Putin-Besuch

23.12.2024 14:36

Die Reise des slowakischen Premiers Ficos nach Russland hat scharfe
Kritik nach sich gezogen. Unter anderem in Kiew werden schwere
Vorwürfe gegen ihn erhoben.

Kiew (dpa) - Zwischen Kiew und Bratislava nehmen die Spannungen nach
einem Besuch des slowakischen Premierministers Robert Fico im Kreml
zu. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterstellte Fico
persönliche Motive für die Reise und eine Abhängigkeit von Moskau.
Auch aus Tschechien und Litauen kam heftige Kritik an Fico. 

Selenskyj schrieb auf der Plattform X: «Warum ist dieser Staatschef
so abhängig von Moskau? Was wird ihm bezahlt und womit zahlt er?»
Fico selbst hatte seine Russlandvisite als Antwort auf Selenskyjs
Weigerung bezeichnet, russisches Gas weiterhin in die Slowakei
durchzuleiten. 

Umstrittener Gastransit durch die Ukraine

Die Slowakei bezieht trotz Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine
über Pipelines weiter russisches Gas. Die Ukraine hatte zuletzt
erklärt, den zum Jahresende auslaufenden Transitvertrag zur
Durchleitung russischen Gases unter anderem an ihr Nachbarland
Slowakei nicht mehr zu verlängern.

Selenskyj schrieb, vom russischen Gasrabatt profitiere zwar Fico
selbst, nicht aber sein Land. «Solche Rabatte sind nicht umsonst -
die Zahlungen an Russland erfolgen durch (Aufgabe von) Souveränität
oder durch undurchsichtige Schemen». Er deutete an, dass Fico ein
Sicherheitsproblem für die Slowakei und Europa sei.

Tschechien: Nicht vor einem Massenmörder kriechen 

Scharfe Kritik an dem Besuch in Moskau kam auch aus Tschechien. «Die
tschechische Regierung hat sich um Unabhängigkeit von russischen
Energielieferungen bemüht, damit wir nicht vor einem Massenmörder
kriechen müssen», schrieb Außenminister Jan Lipavsky bei X. Litauens

Staatspräsident Gitanas Nauseda kritisierte Ficos Reise ebenfalls. 

Proteste in Bratislava

Kritik gibt es aber auch in der Slowakei selbst: Vor dem
Regierungsamt in Bratislava versammelten sich mehrere Hundert
Menschen zu einer Protestkundgebung. Aufgerufen dazu hatte die
Initiative «Mier Ukrajine» (Friede der Ukraine), die sich in der
Vergangenheit vor allem für Waffenlieferungen an Kiew engagiert
hatte. Die Demonstranten schwenkten die Fahnen der Slowakei, der
Ukraine und der EU.

«Wir lehnen es ab, dass Premier Fico unappetitlich Putin die Slowakei
als Weihnachtsgeschenk darbringt!», hieß es im Protestaufruf auf
Facebook. Die kleine liberale Oppositionspartei «Freiheit und
Solidarität» erwog zudem einen Misstrauensantrag im Parlament gegen
den Regierungschef.