Konkurrenz für Gelbhaar - EU-Abgeordneter tritt in Pankow an

05.01.2025 11:52

Vorwürfe sexueller Belästigung: Der Kreisverband Pankow fordert
Stefan Gelbhaar dazu auf, von einer Kandidatur für die Bundestagswahl
abzusehen. Der denkt jedoch nicht daran - und bekommt Konkurrenz.

Berlin (dpa/bb) - Der wegen Vorwürfen sexueller Belästigung unter
Druck stehende Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar hält an
einer Kandidatur für das Direktmandat bei der Bundestagswahl in
Berlin-Pankow fest. Der 48-Jährige bekommt bei der Abstimmung am
Mittwoch jedoch prominente Konkurrenz. Der Europaabgeordnete Sergey
Lagodinsky kandidiert ebenfalls.

Eigentlich hatte der Vorstand des Kreisverbands Gelbhaar, der die
Vorwürfe als «frei erfunden» zurückgewiesen hat, dazu aufgefordert,

auf eine Kandidatur zu verzichten. Ein Wahlkampf mit ihm sei unter
den aktuellen Vorzeichen mit großen Risiken verbunden, hieß es.
«Diese Bewertung haben wir Stefan Gelbhaar mitgeteilt und ihn daher
aufgefordert, von einer Direktkandidatur bei der Bundestagswahl 2025
abzusehen.»

Gelbhaar selbst ficht das jedoch nicht an. Auch er reichte seine
Bewerbung ein, wie aus der Tagesordnung der Wahlversammlung
hervorgeht. Dem «Spiegel» zufolge heißt es in einem Schreiben seiner

Anwälte, das dem Magazin in einem Auszug vorliegt, dass Gelbhaar «dem
Kreisvorstand seine erneute Kandidatur für den 8.1.2025 fristgemäß
angekündigt» habe. Auf Nachfrage habe Gelbhaar per SMS bestätigt:
«Ich kandidiere.»

Gelbhaar selbst hatte an Silvester auf seiner Website ausführlich
Stellung bezogen. «Die Vorwürfe sind gelogen», erklärte er. Bei dem

Vorgang müsse es sich «um eine in Teilen geplante Aktion» handeln mit

dem Ziel, ihn massiv zu diskreditieren. Dem RBB haben nach Angaben
des Senders mehrere Frauen zum Teil anonym, zum Teil eidesstattlich
versichert, von Gelbhaar belästigt worden zu sein. Über die Vorwürfe

hatten auch andere Medien berichtet.

Für Lagodinsky, der seit 2019 für die Grünen im Europaparlament
sitzt, sind die Vorwürfe gegen Gelbhaar ein Grund für seine
Bewerbung. Man habe in Pankow eine besondere Situation, sagte er der
Deutschen Presse-Agentur. Er wolle dafür sorgen, «dass wir den
Kreisverband einen und stark positionieren in Richtung Wahlkampf»,
sagte der 49-Jährige.

Insgesamt bewerben sich bislang sechs Kandidaten

Neben Gelbhaar und Lagodinsky haben bislang vier weitere
Grünen-Mitglieder ihre Bewerbung eingereicht. Weitere Kandidaten
haben bis Mittwochabend Zeit. Dann will der Kreisverband bei einer
erneuten Wahlversammlung über die Direktkandidatur abstimmen lassen.
Bei einer früheren Wahlversammlung Mitte November war Gelbhaar mit
98,4 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten für Pankow gewählt
worden.

Seine Kandidatur für einen Platz auf der Landesliste hatte Gelbhaar
Mitte Dezember kurzfristig zurückgezogen und das mit Vorwürfen gegen
ihn begründet, damals ohne dabei konkreter zu werden.