Armeniens Regierung bringt Gesetz zu EU-Beitritt auf den Weg
09.01.2025 12:23
Lange war Armenien Russlands engster Verbündeter im Kaukasus. Nun
will das Land den Prozess für einen EU-Beitritt starten. Die
Entscheidung birgt Konfliktpotenzial.
Eriwan (dpa) - Die Regierung der Republik Armenien im Südkaukasus hat
ein Gesetzesprojekt zum Beginn eines EU-Beitrittsprozesses ins
Parlament eingebracht. Die Regierung setze sich für das Gesetz ein;
seine Annahme bedeute aber nicht automatisch, dass sich auch die
Armenier für einen EU-Beitritt entscheiden, betonte Premierminister
Nikol Paschinjan der Nachrichtenagentur Armenpress zufolge.
«Die Entscheidung über einen Beitritt zur EU oder einer anderen
übernationalen Organisation kann entsprechend unserer Verfassung nur
über ein Referendum getroffen werden», sagte er. Dem Land könnte
damit eine Zerreißprobe drohen.
Seit dem Regierungsantritt des eher westlich orientierten Paschinjan
kühlten die Beziehungen zwischen Moskau und Eriwan ab. Russland galt
lange als Schutzmacht Armeniens im Kaukasus - auch im Konflikt mit
dem benachbarten Aserbaidschan. In den zwei jüngsten bewaffneten
Auseinandersetzungen zwischen Eriwan und Baku um die Region
Bergkarabach blieb Russland passiv - trotz einer in der Gegend
stationierten russischen Schutztruppe.
Zunehmende Distanzierung Armeniens
Im vergangenen Herbst musste schließlich die Bevölkerung
Berg-Karabachs - mehr als 100.000 ethnische Armenier - nach heftigen
Angriffen aserbaidschanischer Truppen aus der Region fliehen.
Russische Truppen waren zu jener Zeit mit der Besetzung ukrainischer
Gebiete beschäftigt.
Zuletzt schon hatte sich Eriwan von dem von Moskau dominierten
Militärbündnis Organisation des Vertrags für kollektive Sicherheit
(OVKS) distanziert, das es einst selbst mitgegründet hatte. Russland
unterhält in Armenien aber noch eine Militärbasis.
Zudem gehört Armenien der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) an, in
die Russland einst auch die Ukraine holen wollte. Die Entscheidung
der Ukrainer, sich stattdessen an der EU zu orientieren, war einer
der Auslöser für den Konflikt, der vor zwei Jahren in Russlands
Angriffskrieg gegen das Nachbarland mündete.
Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte bereits, dass ein EU-Beitritt
Armeniens unvereinbar sei mit der jetzigen EAWU-Mitgliedschaft des
Landes.