Lufthansa steigt bei Airline Ita ein: Was sich ändert Von Christian Ebner und Robert Messer, dpa
10.01.2025 04:30
Die Lufthansa ist in Italien fast am Ziel: Kommende Woche begrüßt sie
mit der italienischen Ita eine weitere Fluggesellschaft im Konzern.
Das hat Folgen für Unternehmen und Passagiere.
Frankfurt/Rom (dpa) - Nach jahrelangen Verhandlungen steigt an diesem
Montag (13. Januar) der Lufthansa-Konzern bei der italienischen
Staatsairline Ita offiziell ein. Für Management und Crews wird sich
nicht zuletzt wegen der EU-Wettbewerbsauflagen vieles ändern, aber
auch auf die Passagiere kommen einschneidende Veränderungen zu. In
Italien hingegen wird der Einstieg der Deutschen in die stolze
italienische Fluglinie nicht durchweg positiv gesehen.
Was haben die Partner vereinbart?
Die Lufthansa erhält für eine Kapitaleinlage von 325 Millionen Euro
zunächst 41 Prozent der Ita-Anteile. Dieser Schritt soll am Montag
offiziell vollzogen werden. Mit dem italienischen Wirtschafts- und
Finanzministerium ist vereinbart, dass die Deutschen in zwei weiteren
Schritten das Unternehmen vollständig übernehmen können, wenn die
Zahlen stimmen. Der italienische Staat bliebe noch mit an Bord, wenn
Lufthansa im zweiten Schritt mit 90 Prozent die Mehrheit übernehmen
sollte. Bis 2033 könnte dann die Komplettübernahme folgen, für die
eine Gesamtsumme von 830 Millionen Euro gehandelt wird.
Welche Rolle hat die EU-Kommission gespielt?
Auf Druck der EU-Kommission hat der Lufthansa-Konzern Zugeständnisse
gemacht, um die Marktmacht des neuen Bündnisses zu begrenzen. Start-
und Landerechte in Mailand und Rom mussten an Konkurrenten abgegeben
werden. Zudem hat die Ita bereits drei Strecken nach Nordamerika
gestrichen und muss künftig Passagiere des Konkurrenten International
Airlines Group (IAG), der Muttergesellschaft von British Airways und
Iberia, sowie Air France bevorzugt zu deren Drehkreuzen fliegen.
Was bedeutet das für die Kunden?
Zunächst einmal könnte Lufthansa das Angebot zwischen Italien und
ihren anderen Heimatmärkten «optimieren». Für die Kunden könnte d
as
höhere Preise bei einem etwa gleichbleibenden Platzangebot bedeuten.
Hier will die EU mit ihren Auflagen Konkurrenz schaffen. Auf der
Kurz- und Mittelstrecke kommt dabei dem bereits in Italien aktiven
Billigflieger Easyjet eine zentrale Rolle zu, der mit acht Flugzeugen
zwei weitere Basen in Rom-Fiumicino und Mailand-Linate gründet. Von
dort werden 27 neue Strecken angeboten, sechs davon nach Deutschland.
Zielorte sind München, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf.
Wie steht die Ita da?
Nach Einschätzung der Lufthansa-Strategen hat die Ita mit ihrer
defizitären Vorgängerin Alitalia nichts mehr gemein. Lufthansa-Chef
Carsten Spohr hat die 2020 gegründete Italia Trasporto Aereo (Ita)
mit ihrer hochmodernen Airbus-Flotte als «Startup in der mittleren
Entwicklungsphase» bezeichnet. Ita-Chef Antonino Turicchi hat für das
Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 3 Milliarden Euro und einen
kleinen operativen Gewinn von 40 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Im Konzernverbund sollten zudem weitere Einsparungen möglich sein.
Wer wird Chef der neuen Ita?
Als neuer Ita-Chef ist im Konzern der Lufthansa-Strategiechef Jörg
Eberhart im Gespräch, der bereits knappe acht Jahre lang die in
Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat. Der
Manager spielte auch eine zentrale Rolle bei den
Übernahmeverhandlungen. Die Wahl des neuen, fünfköpfigen
Führungsgremiums ist für die erste Ita-Gesellschafterversammlung nach
dem Lufthansa-Einstieg geplant.
Was ändert sich für die Ita-Passagiere?
Für die bisherigen Kunden der Ita, zu denen wegen seiner
Auslandsreisen regelmäßig auch Papst Franziskus zählt, ändern sich
viele Kleinigkeiten rund um den Flug. Mit dem Wechsel vom
Airline-Bündnis Skyteam in die von Lufthansa dominierte Star Alliance
ändern sich Partnergesellschaften für etwaige Weiterflüge ebenso wie
die zur Verfügung gestellte Infrastruktur wie Lounges am Flughafen.
Ita-Stammkunden aus dem Vielflieger-Programm Volare will Lufthansa in
das eigene Miles&More integrieren, entsprechende Angebote zur
Bewertung von Status und Meilen sollen bald kommen.
Was halten Italiener vom Einstieg der Deutschen?
Der Einstieg der Deutschen bei der stolzen italienischen Fluglinie
stößt bei den Italienern nicht überall auf Zuspruch: Für einige ist
es eine schwere Kränkung, dass ein mächtiger deutscher Konzern sich
in die Staatsairline Italiens einkauft. Spöttisch bildete die
Satire-Beilage der Tageszeitung «La Stampa» kürzlich eine neue
Ita-Maschine als überdimensionale Bockwurst ab, dazu der
schwarz-rot-goldene Schriftzug: «Die Neue Alitalien - Genug mit den
Spaghetti-Essern».
Auch die italienische Politik wollte sich am Ende der Verhandlungen
kurz vorm Abschluss des Deals nicht völlig machtlos dargestellt
sehen. In der letzten Phase der Preisverhandlungen drohte das
Ministerium in Rom, den Deal platzen zu lassen. Als Lufthansa in
letzter Sekunde noch den Preis für die zweite Tranche drücken wollte,
hieß es aus dem Ministerium: «Italien wird seine Gesellschaft nicht
verscherbeln.» Am Ende konnte man sich jedoch einigen.
Was hat Lufthansa mit Ita und dem Flughafen Rom vor?
Zunächst einmal kauft sich Lufthansa mit dem Deal ein Stück des
lukrativen Luftverkehrsmarktes in Italien. Mit derzeit knapp 100
Flugzeugen wird die Ita auf Anhieb größte Auslandsgesellschaft im
Konzern. Italien als drittgrößte EU-Volkswirtschaft hat traditionell
starke Bindungen nach Amerika und ist zudem eine der
Top-Destinationen für zahlreiche internationale Touristen.
Der moderne Flughafen Rom-Fiumicino wird zum sechsten und südlichsten
Drehkreuz im weitläufigen Konzern der Lufthansa, die bereits die
ehemaligen Staatsairlines aus Deutschland, Österreich, Belgien und
der Schweiz unter ihrem Dach vereint. Spohr hat vor allem den Ausbau
des Netzes in Richtung Südamerika im Blick, aber auch Afrika und
Asien bieten Marktchancen.