Karlspreis für Ursula von der Leyen - Die «Stimme Europas»
15.01.2025 12:35
Schon lange hat kein Chef der Brüsseler EU-Kommission mehr den
Karlspreis bekommen - doch jetzt wird Ursula von der Leyen
ausgezeichnet. Begründung: Sie hält Europa in schwierigsten Zeiten
zusammen.
Aachen (dpa) - Als «starke Stimme Europas in der Welt» wird
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem Karlspreis
2025 ausgezeichnet. In einer Zeit epochaler Herausforderungen, in der
die Europäische Union von außen durch den Aggressionskrieg Russlands
und von innen durch Rassisten und Demagogen bedroht werde, nehme sie
die Interessen Europas kraftvoll wahr, begründete das
Karlspreis-Direktorium seine Entscheidung.
Als besondere Leistungen von der Leyens nannte es die Eindämmung der
Corona-Pandemie, das geschlossene und entschiedene Auftreten gegen
Russland und die Impulse zum «Green Deal», mit dem die EU bis 2050
klimaneutral werden will. Der Internationale Karlspreis zu Aachen
gilt als wichtigste Auszeichnung für Verdienste um die europäische
Einigung.
Die 66 Jahre alte von der Leyen ist seit 2019 Präsidentin der
Europäischen Kommission in Brüssel. Nach der Europawahl im
vergangenen Juni, bei der ihr Mitte-Rechts-Bündnis EVP die meisten
Stimmen bekommen hatte, wurde sie für ihre zweite Amtszeit bestätigt.
Vor ihrem Wechsel nach Brüssel war die CDU-Politikerin unter anderem
sechs Jahre Bundesverteidigungsministerin.
Karlspreis-Direktorium schlägt Alarm
Das Karlspreis-Direktorium zeichnet in seiner Begründung das Bild
einer bedrohten Union. «Das europäische Lebensmodell von Freiheit,
Frieden, Demokratie und Wohlstand ist gefährdet», heißt es im Text
der 19 Direktoriumsmitglieder. «Die Weltordnung verändert sich, und
Europa muss handeln. Ursula von der Leyen ist die Persönlichkeit, der
diese strategische Aufgabe für die Europäische Union zukommt und die
sie bewältigt.» Sie habe wesentlichen Anteil daran, dass die EU
Krisen epochalen Ausmaßes «geschlossen und erfolgreich» begegnet
sei.
Nach der Europawahl im vergangenen Juni sei es ihr gelungen, weite
Teile der politischen Mitte hinter sich zu vereinen und eine
deutliche proeuropäische Mehrheit herzustellen. «Dank von der Leyen
und ihrem geschickten diplomatischen Agieren hat Europa die Gegner,
Zweifler und Skeptiker in die Minderheit drängen können.»
Der Karlspreis war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von Aachener
Bürgern auf Anregung des Unternehmers Kurt Pfeiffer gestiftet worden.
Er ist nach Kaiser Karl dem Großen benannt, dessen Frankenreich sich
im Frühmittelalter über weite Teile Westeuropas erstreckte und der
deshalb manchmal als «Vater Europas» bezeichnet wird.
Zu den ersten Preisträgern gehörten Adenauer und Churchill
Zu den ersten Preisträgern gehörten Bundeskanzler Konrad Adenauer
(1954) und der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill
(1955), der sich nach Kriegsende für die «Vereinigten Staaten von
Europa» starkmachte. Von der Leyens Vorgänger als
Kommissionspräsident, Jean-Claude Juncker, wurde ebenfalls
ausgezeichnet, allerdings noch als luxemburgischer Regierungschef
2006.
Der letzte Kommissionschef, der den Preis erhielt, war 1992 Jacques
Delors, der als Vollender des europäischen Binnenmarkts und
Wegbereiter des Euro gilt. Es ist also eher selten, dass ein
Kommissionschef den Preis bekommt. Der letzte Deutsche, der mit dem
Karlspreis geehrt wurde, war 2015 der damalige Präsident des
Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD). Traditionell wird der
Preis am Himmelfahrtstag überreicht. In diesem Jahr ist der Preis
erstmals mit einer Million Euro dotiert. Nach dem Willen der Stifter
- eines Aachener Ehepaars - soll das Geld für proeuropäische Projekte
verwendet werden.