Wegen Tierseuche: Agrarbranche vor Grüner Woche unter Druck Von Matthias Arnold, dpa
15.01.2025 13:58
Kein Rind, kein Schaf, kein Alpaka: Wegen der Maul- und Klauenseuche
fällt ein Höhepunkt der Grünen Woche in diesem Jahr weg. Die Folgen
für die Branche gehen weit darüber hinaus.
Berlin (dpa) - Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) in
Brandenburg überschattet die Grüne Woche, die an diesem Freitag in
Berlin beginnt. Bisher gibt es nur einen bekannten Fall. Ob sich das
für Rinder und andere Paarhufer hoch ansteckende Virus weiter
verbreitet hat, ist unklar. Doch die Agrar-Branche spürt die Folgen
bereits. Ihre wirtschaftliche Lage war schon vorher angespannt.
Was ändert sich nun bei der Grünen Woche?
Viele Ställe in der großen Tierhalle, in denen sonst süße Lämmer
oder
mächtige Zuchtbullen standen, werden dieses Jahr gar nicht erst
aufgebaut. Die Veranstalter haben angekündigt, dass aufgrund des
Ausbruchs in diesem Jahr keine Paarhufer - also etwa Rinder, Schafe
oder Alpakas - auf der Landwirtschaftsmesse zu sehen sein werden.
Tierschützer sahen die Tierausstellung seit jeher kritisch.
Die Grüne Woche ist nicht nur ein wichtiger Branchentreff der
Landwirtschaft, sondern auch Anziehungspunkt für Hunderttausende
Besucherinnen und Besucher. Neben den vielen landwirtschaftlichen
regionalen Spezialitäten gelten die Tiere als Höhepunkt vieler
Messebesuche.
Wie war die Lage der Landwirte vor dem Ausbruch?
Die Stimmung der Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland war schon
vor dem Ausbruch der Tierseuche eingetrübt. Im Ende Juni abgelaufenen
Wirtschaftsjahr 2023/24 sackten die Ergebnisse der Betriebe dem
Deutschen Bauernverband zufolge im Schnitt auf 77.500 Euro ab.
Dies lag um 29 Prozent unter dem Rekordniveau des Wirtschaftsjahres
zuvor. Vom Gewinn sind auch Investitionen zu finanzieren. Vielen
Höfen machen hohe Kosten für Energie, Pflanzenschutz und Dünger zu
schaffen.
Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat die Seuche für die Betriebe?
Problematisch ist vor allem der Export. «Wir können jetzt schon
sagen, dass wir einen beträchtlichen Druck auf den Märkten haben
werden, weil Drittländer zu großen Teilen tierische Produkte nicht
mehr abnehmen», sagte der Generalsekretär des Deutschen
Bauernverbands, Bernhard Krüsken, im Deutschlandfunk.
Der Verband der Fleischwirtschaft rechnet mit Einbußen im
dreistelligen Millionenbetrag. Die deutsche Landwirtschaft setzt laut
Krüsken jährlich etwa fünf Milliarden Euro mit tierischen Produkten
im Ausland um.
Sind nur Exporte aus betroffenen Regionen gestoppt?
Innerhalb der EU unterliegt der Handel mit tierischen Produkten dem
sogenannten Regionalisierungsprinzip. Das heißt: Im Fall von Seuchen
wie MKS oder der Afrikanischen Schweinepest sind nur die Produkte vom
Handel ausgenommen, die aus der betroffenen Region stammen.
Die EU hat die in Brandenburg eingerichteten Sperrzonen dem
Bundeslandwirtschaftsministerium inzwischen bestätigt. Damit kann das
Prinzip nun angewendet und Tierprodukte aus Deutschland können weiter
gehandelt werden.
Für viele Drittstaaten, insbesondere für die wichtigen Absatzmärkte
Großbritannien, Südkorea und Vietnam gelte das aber nicht, sagt
Steffen Reiter, Hauptgeschäftsführer des Verbands der
Fleischwirtschaft. Laut Verband wurden in den ersten zehn Monaten des
vergangenen Jahres knapp zwei Millionen Tonnen Schweine- und
Rindfleisch in die EU und in Drittländer exportiert.
Der Umsatz allein in den Drittländern beläuft sich demnach im Jahr
auf rund eine Milliarde Euro. Importstopps, wie sie bereits Südkorea
und das Vereinigte Königreich verhängt haben, beträfen nicht nur
einzelne Regionen, sondern vielmehr gleich sämtliche Produkte aus
Deutschland.
Betriebe, die weit weg vom Ausbruchsort in anderen Bundesländern
produzieren, spüren die Auswirkungen also ebenfalls. Selbst, wenn die
Seuche nun schnell ausgemerzt wird, könne es Monate dauern, bis
Betriebe in diese Drittländer wieder exportieren können, befürchtet
Krüsken vom Bauernverband.
Welche Rollen spielen die Haltungsbedingungen?
Das Virus wurde in einem Büffelbetrieb im brandenburgischen Hönow
festgestellt. Die geringe Größe des Betriebs und die geringe Anzahl
von Betrieben machten eine Verbreitung weniger wahrscheinlich,
betonte die Veterinärin Anita Idel. Zwischen den Tieren sei die
Ansteckungsgefahr bei MKS aber sehr hoch. «Das heißt im
Umkehrschluss, dass in Regionen mit Intensivtierhaltung das
Verbreitungsrisiko deutlich größer wäre.»
Wie genau die MKS erstmals nach 35 Jahren wieder nach Deutschland
gelangen konnte, ist völlig unklar. Selbst Kritikerinnen und Kritiker
der konventionellen Landwirtschaft wie Idel hatten damit nicht
gerechnet. «Dieser Ausbruch der MKS ist tatsächlich völlig
überraschend», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.