Lufthansa bei Italiens Staatsairline Ita gelandet

17.01.2025 17:54

Europas größter Luftverkehrskonzern breitet sich nach Süden aus. Mit

dem größten Zukauf ihrer Geschichte erwirbt Lufthansa in Italien
zunächst eine Minderheit an einer echten Legende.

Frankfurt/Rom (dpa) - Die Lufthansa hat den ersten Schritt zur
Übernahme der italienischen Staatsairline Ita vollzogen. Nach eigenen
Angaben hat der MDax-Konzern eine Kapitaleinlage von 325 Millionen
Euro geleistet und dafür eine Minderheit von 41 Prozent der
Ita-Anteile erhalten. Die Mehrheit hält zunächst weiterhin der
italienische Staat. 

Die vollständige Übernahme der Alitalia-Nachfolgerin mit aktuell 99
Flugzeugen und 5.000 Beschäftigten ist bereits mit der Regierung in
Rom vertraglich festgelegt. Lufthansa kann demnach in zwei weiteren
Schritten zunächst 90 Prozent und später die vollständige Italia
Trasporto Aereo (Ita) übernehmen, wenn die Geschäftszahlen stimmen. 


Der Schritt zur Mehrheit sei nicht für das laufende Jahr geplant, hat
Konzernchef Carsten Spohr in einem Interview mit der «Frankfurter
Allgemeinen Zeitung» gesagt. «Es ist in unserem Interesse, die
italienische Regierung in den nächsten Monaten an Bord zu halten.
Eine 100-Prozent-Übernahme ist aber das klare Ziel.» Dafür sei ein
Festpreis von 829 Millionen Euro vereinbart, inklusive einer
potenziellen variablen Komponente. 

Wettbewerbsauflagen der EU

Die Europäische Union hat nach langen Verhandlungen der Übernahme
unter strikten Wettbewerbsvorschriften zugestimmt. Die Ita musste
umfangreiche Start- und Landerechte in Rom und Mailand an den
Direktflieger Easyjet abgeben. Passagiere der Konkurrenten IAG
(British Airways, Iberia) und Air France muss die Ita zudem zu
Vorzugskonditionen an deren Drehkreuze bringen. Lufthansa war schon
vor dem Einstieg in Italien der umsatzstärkste Luftverkehrskonzern
Europas. 

Die 27 neuen Easyjet-Verbindungen in zahlreiche europäische Städte
sollen die Marktmacht des Lufthansa-Konzerns begrenzen. Im
italienischen Markt ist der irische Billigflieger Ryanair der größte
Anbieter. 

Neuer Chef ein Deutscher

Schon vor dem rechtlichen Vollzug des Lufthansa-Einstiegs hat der
italienische Staat als Alteigner die neue fünfköpfige
Führungsmannschaft der Airline bestimmt. Lufthansa-Chefstratege Jörg
Eberhart, der bereits acht Jahre lang die norditalienische
Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat, ist darin als Chief
Executive Officer vorgesehen. Von der Lufthansa kommt zudem die
Vertriebsexpertin Lorenza Maggio. 

Konzernchef Carsten Spohr lobt die Aufbauarbeit bei der Nachfolgerin
der Alitalia. «Wir freuen uns, diese Erfolgsgeschichte mit Ita
Airways gemeinsam fortzusetzen. Mit unserer Beteiligung stärken wir
nun zukünftig den italienischen und europäischen Luftverkehrsmarkt
und die Position der Lufthansa Group als Nummer Eins in Europa.»

Die Ita wird nach Lufthansa, Swiss, Austrian und der belgischen
Brussels Airlines die fünfte privatisierte Staatsairline unter dem
Dach des Konzerns. Die mitten in der Corona-Krise 2020 gestartete
Gesellschaft hat bislang unter dem Strich immer Verluste eingeflogen,
aber für 2024 wie schon im Vorjahr einen operativen Gewinn
angekündigt. Im vergangenen Jahr hatte sie rund 18 Millionen
Fluggäste. Die neue Beteiligung soll schnell von gemeinsamem Einkauf
und einheitlicher Vermarktung im Lufthansa-Konzern profitieren und
jährlich einen dreistelligen Millionengewinn beitragen. 

Die zunächst noch als Minderheitsbeteiligung geführte Airline wird
auf Anhieb die größte Auslandsgesellschaft im Konzern, der
Leonardo-da-Vinci-Flughafen in Rom-Fiumicino zum sechsten Drehkreuz
des Multi-Marken-Anbieters. Den Stammkunden soll ein schneller
Übergang in das Lufthansa-Programm Miles&More angeboten werden, wie
Lufthansa-Chef Spohr  angekündigt hat. Der Übergang in das
Airline-Bündnis Star Alliance ist demnach für 2026 geplant. 

Frühere Übernahmepläne

Die Deutsche Lufthansa AG hatte schon unter Spohrs Vor-Vorgänger
Wolfgang Mayrhuber mit einer Übernahme in Italien geliebäugelt,
schließlich aber doch die Finger von der Ita-Vorgängerin Alitalia
gelassen. Dort haben in der Folge die arabische Etihad und Air France
viel Geld verloren. Der italienische Staat musste die als nationales
Symbol geschätzte Fluggesellschaft mehrfach vor der Pleite retten. Im
Übergang zur Ita wurde das Unternehmen schließlich stark verkleinert
und wieder vollständig verstaatlicht. Die neue Gesellschaft kaufte
zwar die Namensrechte der legendären Vorgängerin, ist aber im
rechtlichen Sinne nicht deren Nachfolgerin.