Trump verhängt Sanktionen gegen Strafgerichtshof - Kritik aus der EU

07.02.2025 16:53

US-Präsident Trump geht gegen das Weltstrafgericht vor. Mitarbeitern
drohen finanzielle Sanktionen und Einreiseverbote. Das Gericht
fürchtet um seine Zukunft.

Den Haag/Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat Sanktionen
gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) angeordnet. Er
wirft dem Gericht unbegründete und «bösartige» Angriffe gegen Israe
l
vor. Das Gericht mit Sitz in Den Haag habe «seine Macht missbraucht»,
weil es Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten
Benjamin Netanjahu und früheren Verteidigungsminister Joav Galant
erlassen habe.

Der Strafgerichtshof verurteilte die Sanktionen. Trump ziele mit
seiner Anordnung darauf, der «unabhängigen und unparteiischen
rechtlichen Arbeit zu schaden». Es rief alle seine 125
Mitgliedsstaaten sowie andere Nationen dazu auf, sich vereint hinter
Gerechtigkeit und grundlegende Menschenrechte zu stellen.

79 Staaten hinter Gericht 

Eine Gruppe von 79 Staaten sicherte dem Gericht ihre volle
Unterstützung zu. In einer gemeinsamen Erklärung warnte sie vor
Versuchen, die «Unabhängigkeit, Integrität und Unparteilichkeit zu
untergraben». Sie würden alles tun, um die Fortsetzung der Arbeit des
Gerichtes zu gewährleisten. Durch die Sanktionen seien alle zur Zeit
laufenden Ermittlungen in Gefahr, da möglicherweise Büros des
Strafgerichtshofes geschlossen werden müssen. Die 79 Unterzeichner
gehören zu den 125 Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland. 

«Europa steht für Respekt vor Recht»

Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sicherte dem
Gericht Unterstützung zu. Der Gerichtshof müsse weiter in der Lage
sein, «den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen», schrieb
sie auf X. «Europa wird immer für Gerechtigkeit und den Respekt des
internationalen Rechts eintreten.» Auch EU-Ratspräsident António
Costa kritisierte die Entscheidung Trumps. 

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock teilte mit, der
Gerichtshof gründe auf fundamentalen Prinzipien: «Die Durchsetzung
des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen
Gerichte - Prinzipien, die Sicherheit für alle bedeuten. Deshalb
unterstützen wir den IStGH und deshalb braucht der IStGH unsere
Unterstützung.»'

Baerbock: «Niemand steht über dem Völkerrecht»

Diese begründete die Grünen-Politikerin mit dem Sicherheitsinteresse.
«Miteinander die Völkerrechtsordnung und ihre internationale
Gerichtsbarkeit zu bewahren, ist unsere beste Lebensversicherung und
zugleich auch Grundlage für Wohlstand und Frieden», erklärte sie. 


Das Gericht verfolgt seit 2002 schwerste Verbrechen, wie Völkermord,
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Alle
EU-Staaten gehören ihm an; die USA, Israel und auch Russland hingegen
sind keine Vertragsstaaten. 

Baerbock betonte mit Blick auf Russland: «Wenn der IStGH seine Arbeit
jetzt nicht weiterführen könnte, wäre das doch eine der größten
Freuden für (Wladimir) Putin.» Der russische Präsident habe etwa
nicht zum Brics-Treffen nach Südafrika reisen können, weil Südafrika

ihn als Unterzeichner des Römischen Statuts hätte festnehmen müssen.

Das Gericht hatte 2023 einen Haftbefehl gegen den Kreml-Chef wegen
Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen. «Niemand steht über dem
Völkerrecht», sagte Baerbock dazu.

Das Gericht hatte im vergangenen Jahr zudem wegen mutmaßlicher
Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg Haftbefehle gegen Netanjahu, Galant
und auch damals hohe Hamas-Chefs erlassen. Die Haftbefehle gegen
Netanjahu und Galant waren international teils kritisiert worden,
darunter auch von Trumps Amtsvorgänger Joe Biden. 

Lob für Trump aus Israel

Zustimmung für die Sanktionen kam erwartungsgemäß aus Israel.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte Trumps «mutiges» Vorgehen.

Er nannte den Internationalen Strafgerichtshof auf der Plattform X
«korrupt», «antiamerikanisch und antisemitisch». Die «rücksicht
slose
Kampagne» des IStGH gegen Israel sei ein Probelauf für Maßnahmen
gegen die USA, meinte Netanjahu.

Finanzielle Strafmaßnahmen und Einreiseverbote

Die Sanktionen treffen die rund 900 Mitarbeiter des Gerichts, aber
auch diejenigen, die an Ermittlungen gegen US-Personal oder
Verbündete wie Israel beteiligt sind. Vermögenswerte dieser Personen
sollen eingefroren werden. US-Unternehmen dürfen der Anordnung
zufolge keine Finanzgeschäfte mehr mit Mitarbeitern des Gerichts
machen. Gegen die betroffenen Personen werden auch Einreiseverbote in
die USA verhängt.

Das Gericht versicherte seinen Mitarbeitern die volle Unterstützung.
«Das Gericht steht fest zu seinen Mitarbeitern und verspricht,
Millionen von unschuldigen Opfern von Gewalttaten weltweit weiter
Gerechtigkeit und Hoffnung zu bieten, in all seinen Verfahren».

Existenz des Gerichts bedroht

Für den Gerichtshof kommen die Sanktionen nicht überraschend. Er soll
Medienberichten zufolge, die Gehälter seiner rund 900 Mitarbeiter
auch bereits drei Monate im Voraus bezahlt haben - da eine
Unterbrechung der Finanzdienstleistungen über US-Banken befürchtet
worden war. 

Kurz nach Trumps Wiederwahl hatte Gerichts-Präsidentin Tomoko Akane,
vor «drakonischen wirtschaftlichen Sanktionen» der USA gewarnt. Diese
würden alle Ermittlungen aufs Spiel setzen und die Existenz des
Gerichtshofes gefährden. Ende Januar war noch ein Gesetzesvorhaben zu
Sanktionen im US-Kongress gescheitert. 

Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit Sanktionen angeordnet,
als das Gericht mutmaßliche Kriegsverbrechen von US-Soldaten in
Afghanistan untersucht hatte. Diese machte sein Nachfolger Biden
wieder rückgängig.