Russland attackiert Kiew mit ballistischen Raketen

12.02.2025 06:28

Am frühen Morgen gibt es erneut Luftalarm in der ukrainischen
Hauptstadt. Bürgermeister Klitschko berichtet von mehreren Opfern.
US-Präsident Trump schickt indes Unterhändler nach Moskau und Kiew.

Washington/Kiew/Moskau (dpa) - Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist in
den frühen Morgenstunden von heftigem Raketenbeschuss erschüttert
worden. Die örtliche Militärverwaltung und die Rettungsdienste
berichteten auf Telegram über Brände in mehreren Stadtteilen, unter
anderem auf den Dächern von Wohnhäusern sowie in einem
Industriegebiet. Ob es sich dabei um Raketeneinschläge oder Schäden
durch herabgefallene Trümmer abgefangener Geschosse handelt, war
zunächst unklar. Nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko
wurde im Stadtteil Obolon ein Mensch getötet, mindestens drei weitere
wurden verletzt.

Die ukrainische Luftabwehr hatte zuvor vor dem Anflug ballistischer
Raketen aus nordöstlicher Richtung gewarnt. In sozialen Medien
berichteten etliche Menschen über laute Explosionen in Kiew.

US-Regierung schickt hochrangige Vertreter nach Moskau und Kiew

Kurz vor dem dritten Jahrestag des russischen Angriffs auf die
Ukraine schickt US-Präsident Donald Trump unterdessen hochrangige
Mitglieder seiner Regierung nach Russland und in die Ukraine. So
konnte der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, in
Russland die Freilassung des dort inhaftierten US-Staatsbürgers Marc
Fogel erwirken. Trump begrüßte Fogel nach dessen Ankunft in
Washington, wie auf einem Video des Weißen Hauses zu sehen war. 

Der Lehrer war 2021 an einem Moskauer Flughafen festgenommen und
später wegen Drogenschmuggels zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
Trump, Witkoff und weitere Berater hätten mit Moskau einen
«Austausch» vereinbart, der ein «Zeichen des guten Willens» seitens

der Russen sei, so das Weiße Haus. Was die russische Seite im
Gegenzug bekam, wurde offengelassen.

Trumps Sonderbeauftragter für Geiselangelegenheiten, Adam Boehler,
sagte dem Sender CNN, man erwarte am heutigen Mittwoch die
Freilassung eines weiteren US-Bürgers. 

Freilassung als Zeichen für Fortschritte bei Verhandlungen

Fogels Freilassung sei «ein Zeichen dafür, dass wir uns in die
richtige Richtung bewegen, um den brutalen und schrecklichen Krieg in
der Ukraine zu beenden», hieß es in der Mitteilung aus dem Weißen
Haus. Weitere Details wurden nicht genannt. Unklar blieb auch, mit
wem Witkoff in Russland gesprochen hat. 

Der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Dmitri
Peskow, hatte in den Stunden zuvor einen Besuch Witkoffs im Kreml
dementiert. Man habe keine Informationen zu einem Eintreffen des
US-Diplomaten. «Es sind keine Kontakte geplant», sagte Peskow.

Der «New York Times» zufolge war Witkoff mit einem Privatjet nach
Moskau gereist. Demnach handelt es sich um die erste bekannte Reise
eines hochrangigen US-Beamten nach Moskau seit November 2021 - also
wenige Monate vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine.
Seinerzeit war der damalige CIA-Direktor Bill Burns für Gespräche in
Russland.

US-Finanzminister reist nach Kiew

Zudem schickte Trump seinen Finanzminister Scott Bessent für
Gespräche über ein Ende des russischen Angriffskriegs in die Ukraine.
Bessent werde sich dort mit Präsident Wolodymyr Selenskyj
unterhalten, kündigte Trump über sein Online-Sprachrohr Truth Social
an. Der Krieg müsse enden und bald werde es so weit sein. Es gebe zu
viel Tod und Zerstörung. «Wenn Amerika stark ist, herrscht Frieden in
der Welt», fügte der Republikaner in Großbuchstaben hinzu. 

Trump nannte keinen genauen Zeitpunkt für Bessents Reise. Zuletzt
hatte der US-Präsident besonderes Interesse an seltenen Mineralien in
der Ukraine gezeigt und US-Hilfen für das von Russland angegriffene
Land an Zugang zu dort lagernden Rohstoffen geknüpft. Selenskyj hatte
deutlich gemacht, dass er sich für westliche Hilfe erkenntlich zeigen
wolle, und in diesem Zusammenhang Seltene Erden und andere
Bodenschätze genannt. Die Ukraine wehrt sich seit fast drei Jahren
mit westlicher Unterstützung gegen die russische Invasion.

Am Freitag hatte Trump ein Treffen mit Selenskyj in Washington in
dieser Woche in Aussicht gestellt und betont, selbst nicht in die
Ukraine reisen zu wollen. 

Trumps Verteidigungsminister zu Ukraine-Tagung erwartet

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth soll heute bei einem Treffen
der Ukraine-Partner in Brüssel dabei sein, wo über die weitere
Unterstützung des Landes beraten wird. Im Nato-Hauptquartier kommen
am Nachmittag (14.30 Uhr) Verteidigungsminister im Format der
sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe zur Koordinierung von Waffenhilfen
zusammen. 

Für Medienberichte, wonach der von Trump eingesetzte
Ukraine-Unterhändler Keith Kellogg am Donnerstag kommender Woche in
die Ukraine reisen wird, gibt es weiterhin keine Bestätigung.
Allerdings werden Vertreter der Trump-Regierung noch vor der Münchner
Sicherheitskonferenz in der Ukraine erwartet. Zu der am Freitag
beginnenden und am Sonntag endenden Sicherheitskonferenz soll
US-Vizepräsident J.D. Vance nach München kommen.

Selenskyj macht sich für Ausbau der Atomenergie stark

Die Verhandlungen mit den USA waren in Selenskyjs abendlicher
Videobotschaft nur ein Randthema. Kiew sei auf die Gespräche
vorbereitet, sagte der ukrainische Staatschef. Vor dem Hintergrund
der ständigen russischen Angriffe auf die Energieversorgung der
Ukraine war das Hauptthema seiner Botschaft die Ankündigung, die
Atomkraft auszubauen.

«Die Ukraine wird noch zwei Reaktorblöcke am AKW Chmelnyzkyj zubauen
können, und das sind mehr als zwei Gigawatt Strom für die Ukraine»,
sagte Selenskyj. Zuvor hatte das Parlament in Kiew den Kauf von zwei
Atomreaktoren sowjetischer Bauart von Bulgarien auf den Weg gebracht.

Der Ausbau des AKW Chmelnyzkyj werde es der Ukraine erlauben, im
Winter ohne Stromimporte auszukommen, versicherte Selenskyj.
Natürlich gebe es auch Widerstand gegen das Projekt. «Aber das sind
die Stimmen, für die billige Energie in der Ukraine einfach
unvorteilhaft ist - sie füllen ihre Taschen oder die (derjenigen),
von denen sie abhängig sind, mit teurerer Energie als Atomenergie.»

Die Ukraine hat durch den systematischen russischen Beschuss von
Energieanlagen inzwischen gut die Hälfte ihrer Kapazitäten verloren.
Bereits kurz nach Kriegsbeginn war das im Südosten des Landes
liegende leistungsstärkste Kernkraftwerk Europas, das AKW
Saporischschja, von russischen Truppen besetzt worden. Es steht nach
wie vor unter Kontrolle der Russen.