Armeniens Parlament stimmt für EU-Beitrittsprozess
12.02.2025 17:05
Lange galt Russland als Schutzmacht Armeniens, doch die Beziehungen
kühlen ab. Nun schlägt die Mehrheit der Abgeordneten in dem kleinen
Land im Südkaukasus den Weg Richtung EU ein.
Eriwan (dpa) - Das Parlament in Armenien hat einen Gesetzentwurf über
den Beginn des Beitrittsprozesses in die EU in erster Lesung
angenommen. Medienberichten zufolge unterstützten ihn 63 Abgeordnete
des Landes im Südkaukasus, sieben stimmten dagegen. Der Entwurf geht
auf eine Bürgerinitiative zurück, die 60.000 Unterschriften dafür
gesammelt hatte. Eine zweite Lesung steht noch aus.
Die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik brachte den Entwurf
Anfang Januar in das Parlament ein. Der westlich orientierte
Regierungschef Nikol Paschinjan sagte damals, dass Armenien nur
EU-Mitglied werden könne, wenn die Armenier in einem Referendum dafür
stimmten.
Der Oppositionspolitiker Artur Chatschatrjan sagte nun in der
Sitzung, der Entwurf sei ein schädlicher Bluff, mit dem die
Regierungsfraktion die Außenpolitik des Landes gefährde.
Kreml: EU-Beitritt unvereinbar mit Mitgliedschaft in Wirtschaftsunion
Dem Land könnte eine Zerreißprobe drohen. Menschen dort befürchten
wirtschaftliche Auswirkungen zum Beispiel bei Gaspreisen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow hat bereits erklärt, dass ein EU-Beitritt
Armeniens unvereinbar sei mit der Mitgliedschaft des Landes in der
Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Russlands Vizeregierungschef
Alexej Owertschuk sagte der russischen staatlichen Nachrichtenagentur
Tass zufolge, dass Russland die Beratung über den Entwurf als Anfang
des Austritts Armeniens betrachte.
Russland galt lange als Schutzmacht Armeniens, doch die Beziehungen
zwischen Moskau und Eriwan kühlten zuletzt ab. In den zwei jüngsten
bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Aserbaidschan und Armenien
wegen der Region Berg-Karabach blieb Russland passiv, obwohl in der
Gegend eine russische Schutztruppe stationiert ist. Mehr als 100.000
ethnische Armenier mussten 2023 aus Berg-Karabach fliehen. Eriwan
warf Baku Vertreibung und ethnische Säuberung vor. Nun sucht Armenien
nach neuen Verbündeten und nähert sich dem Westen an.