Russland greift Ukraine vor Treffen zu Waffenruhe massiv an

21.03.2025 05:00

In der kommenden Woche sollen in Saudi-Arabien Gespräche über eine
begrenzte Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine beginnen. In
der Nacht kämpfen die Kriegsparteien erbittert weiter.

Moskau/Kiew (dpa) - Kurz vor geplanten Verhandlungen über eine
begrenzte Waffenruhe im Ukraine-Krieg hat Russland das Nachbarland in
der Nacht erneut mit heftigen Angriffen überzogen. Die südukrainische
Hafenstadt Odessa wurde Ziel eines massiven russischen
Drohnenangriffs. «Odessa brennt, russische Drohnen treffen zivile
Objekte der Stadt», schrieb der Chef des ukrainischen
Präsidentenbüros, Andrij Jermak, bei Telegram. Es gebe Verletzte. 

Der ukrainische öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte zuvor mehr als
15 Explosionen in der Stadt gemeldet. Videos in sozialen Netzwerken
zeigten mutmaßliche Einschläge und Brände. In Teilen der Stadt fiel
der Strom aus. 

Auch die südostukrainische Industriestadt Saporischschja wurde von
Drohnen angegriffen. Nach Angaben des staatlichen Rettungsdienstes
wurden mindestens fünf Menschen verletzt, darunter ein Kind. Mehrere
Wohngebäude und Autos gerieten demnach in Brand.

Militärnaher Blog: Vorstöße nahe Saporischschja und in Kursk

Der ukrainische militärnahe Blog «DeepState» berichtete in der Nacht

von russischen Vorstößen in der Nähe von Saporischschja sowie im
russischen Gebiet Kursk. Russland hatte immer wieder angekündigt, die
Region Kursk komplett zu befreien. 

Die ukrainischen Truppen waren dort Anfang August einmarschiert, um
Russland in seinem Angriffskrieg zusätzlich unter Druck zu setzen.
Kiews Truppen brachten im grenznahen Gebiet Dutzende Ortschaften
unter ihre Kontrolle, darunter auch die Stadt Sudscha. Zuletzt hatten
die russischen Truppen einzelne Orte wieder befreit.

Die Ukraine wehrt sich seit über drei Jahren gegen eine russische
Invasion. Beide Kriegsparteien hatten kürzlich ihre prinzipielle
Bereitschaft zu einem Verzicht auf Angriffe gegen die gegnerische
Energieinfrastruktur erklärt. Details der möglichen Vereinbarung
sollen erst bei Gesprächen mit den USA am Montag in Saudi-Arabien
ausgearbeitet werden.

Geplante Gespräche über Waffenruhe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die geplanten
Gespräche bei einem Besuch in Norwegen bestätigt. Demnach soll ein
«technisches Team» aus der Ukraine nach Saudi-Arabien reisen. 

«Ich verstehe die Struktur so: Es wird ein Treffen der Ukraine mit
Amerika geben und danach - wie die amerikanischen Partner gesagt
haben - Pendeldiplomatie: danach Amerika mit Russland», sagte der
Ukrainer in Oslo. Der US-Sondergesandte für die Ukraine, Keith
Kellogg, sagte dem US-Sender ABC, die Gespräche könnten auch parallel
ablaufen.

Gegenstand soll zunächst eine auf Energieanlagen begrenzte Waffenruhe
sein. Eine solche Waffenruhe könnte demnach der erste Schritt zu
einem kompletten Waffenstillstand und einem Ende des Krieges sein.
Sowohl Russlands Präsident Wladimir Putin als auch Selenskyj hatten
in Telefonaten mit US-Präsident Donald Trump einen vorübergehenden
Stopp von Attacken auf Energieinfrastruktur im Feindesland bereits
grundsätzlich zugesagt. 

Macron lädt «Koalition der Willigen» zu neuem Ukraine-Gipfel

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lud unterdessen für den
kommenden Donnerstag zu einem weiteren Gipfeltreffen von
Unterstützern der Ukraine nach Paris ein. Ziel sei es, in Anwesenheit
Selenskyjs Arbeiten für die Unterstützung der ukrainischen
Streitkräfte abzuschließen und zu definieren, welchen Beitrag
europäische Streitkräfte zu Sicherheitsgarantien für das Land leisten

könnten, sagte Macron bei einem EU-Gipfel in Brüssel. Dabei gehe es
darum, eine erneute russische Invasion zu verhindern.

Macron sagte weiter, die Ukraine brauche glaubhafte Unterstützung,
damit ein wie auch immer gearteter Waffenstillstand in der Zukunft
auch halte. Das stärke auch ihre Position in möglichen Verhandlungen.

Bodentruppen aus Großbritannien und Frankreich?

Das Treffen in Paris soll auf Fortschritte aufbauen, die am
Donnerstag bei Beratungen auf Militärebene in London erzielt wurden.
An ihnen hatten sich gut zwei Dutzend europäische und andere Staaten
beteiligt. An bisherigen Gesprächen der «Koalition der Willigen»
hatten auf politischer Ebene bisher neben Staats- und Regierungschefs
europäischer Nato-Länder auch Vertreter Australiens, Kanadas,
Neuseelands und der Türkei teilgenommen.

Bei den Beratungen geht es unter anderem um die Frage, ob und unter
welchen Bedingungen europäische Streitkräfte im Fall eines
Waffenstillstandes zu dessen Absicherung beitragen könnten.
Großbritannien und Frankreich haben sich grundsätzlich offen dafür
gezeigt, Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden. Allerdings pochen
sie auf eine Absicherung durch die USA für den Fall einer
Eskalation. 

EU will bis 2030 massiv aufrüsten

Unter anderem wegen des andauernden Ukraine-Kriegs will die EU bis
zum Ende des Jahrzehnts massiv aufrüsten. Die Staats- und
Regierungschefs der Mitgliedstaaten entschieden bei ihrem
Frühjahrsgipfel in Brüssel, alles daranzusetzen, um Europas
Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu
stärken, wie aus einer am Abend veröffentlichten Erklärung
hervorgeht. Hintergrund der Planungen ist, dass sich die EU nach
Einschätzung der Europäischen Kommission umgehend auf die Möglichkeit

eines großangelegten Krieges mit Russland vorbereiten muss. Neue
größere Hilfszusagen für die Ukraine gab es bei dem Gipfel zunächst

nicht. 

Haushaltsausschuss stimmt über Milliarden für Ukraine ab

In Berlin soll der Haushaltsausschuss des Bundestages indes heute
über ein Milliarden-Paket für zusätzliche Militärhilfe an die Ukrai
ne
entscheiden. Grundlage dafür ist eine Vorlage aus dem
Bundesfinanzministerium. Bei dem Paket geht es um zusätzliche drei
Milliarden Euro für dieses Jahr und bis zu 8,3 Milliarden Euro für
2026 bis 2029. 

Trump: Stehen kurz vor Rohstoff-Deal mit Ukraine

Der US-Präsident stellte derweil erneut eine baldige Unterzeichnung
eines Abkommen über eine strategische Rohstoff-Partnerschaft mit der
Ukraine in Aussicht. «Wir werden in Kürze ein Abkommen über seltene
Erden mit der Ukraine unterzeichnen», sagte Trump im Weißen Haus. 

Trump hatte kurz nach seinem Amtsantritt im Januar Hilfen für die von
Russland angegriffene Ukraine an den Zugang zu deren Vorrat an
seltenen Erden geknüpft. Die Ausbeutung der Rohstoffe in der Ukraine
gilt als strategisch bedeutsam und wirtschaftlich lukrativ. Ein
großer Teil der Ressourcen liegt auch in den von Russland besetzten
ukrainischen Gebieten.