Studie: EU-Geschäft kann wegbrechende US-Exporte ausgleichen

25.03.2025 07:00

Trumps Zollpolitik setzt die deutsche Exportindustrie unter Druck.
Doch Experten sagen: Bessere Geschäfte in Europa könnten das mehr als
wettmachen. Dafür wären aber Reformen nötig.

München (dpa) - Handelskriege und zunehmender Protektionismus der USA
werden Europa nach Einschätzung von Experten wieder stärker in den
Fokus der deutschen Exportindustrie rücken. Stärkeres Wachstum
innerhalb Europas könnte ein schrumpfendes US-Geschäft sogar mehr als
ausgleichen, so die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte in einer
neuen Studie zur Entwicklung bis 2035. Voll zum Tragen kommen könne
das aber nur, wenn die EU noch bestehende Handelsschranken abbaut.

Allein die bis Mitte März angekündigten Handelsbarrieren dürften die

deutschen Exporte in die USA bis 2035 im Schnitt um 3,2 Prozent pro
Jahr schrumpfen lassen, so die Deloitte-Experten. Ergebnis: Das
US-Geschäft würde binnen zehn Jahren von derzeit 84 Milliarden auf 59
Milliarden Euro schrumpfen. Im vergangenen Herbst hatten sie - ohne
die inzwischen von US-Präsident Donald Trump angekündigten oder
eingeführten Zölle - bis 2035 noch ein Wachstum von 1,8 Prozent pro
Jahr im US-Geschäft vorhergesagt.

Europa-Geschäft dominiert

Nach oben korrigiert haben sie dagegen ihre Prognosen für Europa:
Ausfuhren in die zehn wichtigsten Abnehmerländer dürften demnach im
Schnitt um 2,5 Prozent pro Jahr zulegen anstatt der im Herbst
erwarteten 1,8 Prozent. Das könnte das wegbrechende US-Geschäft sogar
mehr als ausgleichen - zumindest nominal, ohne Berücksichtigung der
Inflation. Schon jetzt liege das Volumen der zehn größten Abnehmer in
Europa mit zusammen 357 Milliarden Euro mehr als viermal so hoch wie
das in den USA, rechnen die Deloitte-Experten vor. 2035 wären es mit
dann 467 Milliarden Euro sogar fast achtmal so viel.

«Der EU-Binnenmarkt ist ein schlafender Riese für die deutsche
Industrie», sagt Oliver Bendig, Partner und Leiter der
Industrieberatung bei Deloitte, einer Mitteilung zufolge. Voll
ausschöpfen lasse sich dieses Potenzial aber nur, wenn die EU noch
bestehende Handelshemmnisse abbaue. Dann wären der Studie zufolge
noch deutlich stärkere Zuwächse möglich. «Angesichts zunehmend
protektionistischer Tendenzen im Welthandel kann die Industrie in
Deutschland einen Wachstums-Boost aus Brüssel gut gebrauchen.»

Handelshemmnisse auch ohne Zoll

Auch 30 Jahre nach Einführung des europäischen Binnenmarktes gebe es
- trotz Zollfreiheit - noch erhebliche Belastungen im Geschäft mit
dem EU-Ausland: abweichende Produktregeln und Zertifizierungen,
unterschiedliche Bestimmungen zu Verpackungen und deren Entsorgung,
wachsende Berichtspflichten und komplexe Steuervorgaben etwa. «Die
bürokratische Belastung von deutschen Unternehmen, die in Europa
Handel treiben,
ist sehr hoch und in den letzten Jahren weiter gestiegen», sagt
Bendig.

In Summe entspreche das bei Industriegütern einem Aufschlag von bis
zu 44 Prozent, so Deloitte mit Verweis auf Berechnungen des
Internationalen Währungsfonds (IWF). Wenn allein die Hälfte dieser
Lasten wegfalle, würde dies der Studie zufolge bis 2035 zu einem
zusätzlichen Wachstum von einem Prozent pro Jahr im Geschäft mit den
meisten EU-Ländern führen. Würden die Hemmnisse komplett beseitigt,
so wäre demnach oft sogar eine Verdoppelung der Wachstumsrate möglich
- mit mindestens einem weiteren Prozent Plus pro Jahr in den meisten
EU-Ländern.

Profitieren würden vor allem der Maschinenbau und die
Elektroindustrie, heißt es in der Studie. Denn hier seien die
Belastungen bisher besonders hoch. Deutlich geringer falle der Effekt
bei Autos und Chemieprodukten aus. Hier seien die Belastungen durch
Handelshemmnisse innerhalb Europas schon derzeit am geringsten.