Trotz Ukraine-Krieg: EU importiert mehr Gas aus Russland
27.03.2025 00:02
Die EU-Mitgliedstaaten haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2027 auf
russische Energie zu verzichten. Zuletzt stiegen die Gasimporte aber.
Vor allem drei Staaten ließen vermehrt aus Russland liefern.
Brüssel (dpa) - Trotz des russischen Angriffskrieges gegen die
Ukraine hat die EU im vergangenen Jahr einem Bericht zufolge mehr Gas
aus Russland importiert. Das Plus lag im Vergleich zu 2023 bei 18
Prozent, wie die Denkfabrik Ember errechnete. Berücksichtigt sind
sowohl Gas, das durch Pipelines in die EU gelangte, als auch
Flüssigerdgas (LNG).
Dabei hatte die EU nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff
auf die Ukraine im Februar 2022 zahlreiche Sanktionen gegen russische
Energieträger wie Kohle und Öl verhängt. Bis 2027 will die
Staatengemeinschaft kein Gas mehr aus Russland importieren, rechtlich
bindend ist dieses Vorhaben jedoch nicht. Seit dem Jahreswechsel
lässt die Ukraine kein russisches Erdgas mehr passieren und hat den
Transit durch Pipelines über ihr Staatsgebiet unterbunden.
Mehr Gas, weniger Nachfrage
Besonders Italien, Tschechien und Frankreich haben Ember zufolge
vermehrt Gas aus Russland bezogen. Auch 2025 nähmen die Importe
weiter zu, teilte der Thinktank weiter mit. Das sei allerdings nicht
nötig. Denn die Nachfrage in der EU sei überhaupt nicht gewachsen.
Zudem stiegen die Gaspreise 2024 um fast 60 Prozent an, hieß es
weiter im Dokument.
«Es ist ein Skandal, dass die EU immer noch russisches Gas
importiert», sagt Pawel Czyzak von Ember. «Anstatt in wirkliche
Alternativen wie erneuerbare Energien und Effizienz zu investieren,
um russische Importe zu unterbinden, verbrennen die Mitgliedstaaten
Geld mit teuren LNG-Kapazitäten, die nicht einmal genutzt werden.»
Ember prognostiziert ein Überangebot für 2030.
Abhängigkeit weiter großes Thema
Die EU will unabhängig werden von fossilen Energien aus Russland. Das
sei weiterhin eine Priorität, sagte EU-Energiekommissar Dan Jørgensen
jüngst in einem Interview des Nachrichtenagentur-Netzwerks European
Newsroom (enr), zu dem auch die Deutsche Presse-Agentur gehört.
Derzeit wird in der EU-Kommission an einem Fahrplan zum Verzicht auf
russische fossile Energie gearbeitet. Er soll in den kommenden Wochen
vorgestellt werden.
Im «Handelsblatt» kritisierte Jørgensen das Verhalten der
Mitgliedstaaten. «Es ist völlig unhaltbar, weiterhin fossile
Brennstoffe aus Russland zu kaufen und damit indirekt Putins
Kriegskasse zu füllen», sagte der Energiekommissar. «Seit
Kriegsbeginn haben wir so viel Geld für fossile Brennstoffe aus
Russland ausgegeben, wie 2400 F-35-Kampfjets kosten würden.»
Flüssigerdgas aus Russland wird weiter in die EU eingeführt.
Lediglich Investitionen in LNG-Projekte, die in Russland im Bau sind,
sowie Ausfuhren zugunsten dieser Vorhaben sind untersagt. Auch dürfen
EU-Häfen nicht zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten
genutzt werden.
Risiken auch bei anderen Gaslieferanten
Laut Ember wäre die Versorgungssicherheit allerdings nicht
sichergestellt, wenn die EU gar kein russisches Gas abnehmen würde.
Der Thinktank mahnt, auch andere ausländische Quellen seien zunehmend
unbeständig geworden. Geopolitische Spannungen mit den USA erhöhten
das Risiko, sich auf LNG-Lieferungen von dort zu verlassen, hieß es.
Die größten Gaslieferanten der EU sind derzeit Norwegen und die USA.
Da auch in den nächsten Jahren weiter Gas in Europa gebraucht wird,
will die EU-Kommission die Energie-Beziehungen zu den USA
intensivieren. Man versuche so viel wie möglich zu diversifizieren,
aber es gebe nicht viele Alternativen für den Einkauf von LNG, sagte
EU-Energiekommissar Jørgensen. Trotz angespannterer diplomatischer
Beziehungen über den Atlantik könne man über diese Themen sprechen.