Unterstützer Kiews beraten in Paris über Militärkonzept
27.03.2025 05:00
Eine «Koalition der Willigen» berät in Paris über
Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Dazu gehören kann das Entsenden
europäischer Truppen. Diese sollten Russland abschrecken, sagt
Präsident Macron
Paris (dpa) - Zu einem Gipfeltreffen zur Unterstützung der Ukraine
werden heute in Paris Spitzenvertreter aus 31 Ländern erwartet. Bei
den Beratungen der sogenannten «Koalition der Willigen» soll es um
Sicherheitsgarantien für den Fall einer Waffenruhe zwischen Kiew und
Moskau gehen, teilte der Élysée-Palast mit.
Festgezurrt werden soll ein mehrschichtiges Konzept militärischer
Garantien und Hilfen für die Ukraine, das unter Federführung von
Frankreich und Großbritannien erarbeitet wird. Für Deutschland reist
der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz an. Erwartet werden
auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte und der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selenskyj, der sich bereits am Vorabend mit Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron beriet.
Frankreich schnürt neues Rüstungspaket
Macron verkündete dabei die Lieferung weiterer Waffen im Wert von
zwei Milliarden Euro. In das Rüstungspaket fließen etwa Raketen,
Panzer und Munition.
Selenskyj bedankte sich für die Waffenhilfe, die er als starkes Paket
bezeichnete. Er habe Macron zudem über die Verhandlungen zu einer
Waffenruhe informiert, sagte er bei der gemeinsamen Pressekonferenz.
Auf der Plattform X bedankte sich Selenskyj bei Macron und der
französischen Nation für deren unerschütterliche Unterstützung.
«Gerade jetzt kann und muss viel getan werden, um echte Sicherheit in
Europa und Stabilität für alle unsere Menschen zu gewährleisten -
zusammen mit Frankreich und allen Partnern in Europa und darüber
hinaus.»
Selenskyjs Klage über Russland - und US-Sondergesandten
Während bei dem vereinbarten Verzicht auf Schläge gegen
Energieobjekte eher technische Fragen wie die Überwachung noch offen
seien, sei eine Einigung zu einer Feuerpause im Schwarzen Meer seiner
Einschätzung nach schwieriger. Russland versuche dort zusätzliche
Forderungen durchzusetzen, sagte Selenskyj, der Moskau einmal mehr
vorwarf, den Krieg fortsetzen zu wollen und die Verhandlungen in die
Länge zu ziehen. Es sei daher zusätzlicher Druck auf Moskau nötig,
sagte er vor dem Hintergrund von Überlegungen der US-Administration
die Sanktionen gegenüber Russland zu lockern.
In einem gesonderten Pressegespräch kritisierte Selenskyj
anschließend auch den US-Sondergesandten Steve Witkoff. «Ich finde,
dass Witkoff sehr oft die Kremlnarrative zitiert», sagte er. Das
bringe den Frieden nicht näher und schwäche den Druck der Amerikaner
auf Russland. Witkoff, ein Immobilienmakler, den US-Präsident Donald
Trump zu einem seiner wichtigsten Emissäre für den
Russland-Ukraine-Komplex gemacht hat, äußerte sich zuletzt mehrfach
auffallend oft positiv über Kremlchef Wladimir Putin und wiederholte
russische Darstellungen.
Selenskyj kennzeichnete die Äußerungen Witkoffs nun als störend und
hinderlich. Die Ukraine verteidige sich gegen ein 40-mal größeres
Land und hoffe daher natürlich auf Hilfe gerade aus den USA. «Selbst
wenn Amerika heute die Taktik gewählt hat, in der Mitte zu sein, dann
ist die Mitte in der Mitte und nicht näher am Kreml», sagte Selenskyj
- auch wenn er offene Kritik an Trump selbst vermied und seine
Dankbarkeit für die US-Hilfen betonte. Selenskyj bekräftigte in einem
Interview mit verschiedenen europäischen Medien, darunter der ARD,
dass Kiew weiterhin die USA als wichtigen Partner betrachte.
Kiew hofft auf Europa
Da die Position der USA unsicher ist, setzt die Ukraine umso mehr
Hoffnungen auf die weitere Unterstützung der Europäer. In Paris soll
über die weitere militärische Soforthilfe für die Ukraine sowie den
Weg zu einem Waffenstillstand beraten werden. Thema ist außerdem die
langfristige Unterstützung der ukrainischen Armee und deren
Verteidigungsfähigkeit, um nach einem möglichen Friedensschluss eine
erneute russische Aggression abzuwehren. Russlands Angriffskrieg
gegen das Nachbarland Ukraine dauert schon mehr als drei Jahre.
In Paris soll es auch um das schon seit längerem diskutierte mögliche
Entsenden europäischer Streitkräfte in Richtung Ukraine gehen. Wie
Macron am Abend sagte, werde die Aufgabe solcher Streitkräfte das
Absichern wichtiger Städte und strategischer Stützpunkte sein. Diese
Truppen sollten aber nicht an der Frontlinie stehen und gegen die
russischen Streitkräfte eingesetzt werden.
Vielmehr sollten mögliche europäische Truppen durch ihre Präsenz die
Russen von einem erneuten Angriff abhalten und Kiew ermöglichen,
Positionen in einer möglichen Friedenszone auf ukrainischem
Territorium zu halten. Im Fall einer erneuten allgemeinen Aggression
gegen die Ukraine seien die Truppen in der Lage, darauf zu reagieren,
sagte Macron.
Sicherheitsgarant USA bleibt vonnöten
Europäische Länder könnten sich nach französischer Vorstellung auf
unterschiedlichem Wege an dieser Mission beteiligen, also nicht nur
durch das Entsenden von Soldaten. Übergeordneter Sicherheitsgarant
wäre demnach die Supermacht USA. Washington hat das aber nicht
zugesagt.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird im Kreis der
westlichen Unterstützerstaaten erwogen, eine denkbare
entmilitarisierte Zone an der Grenze zwischen Russland und der
Ukraine vor allem aus der Luft und mit Hilfe von technischen Mitteln
wie Satelliten und Drohnen zu beobachten. Zudem könnten
Marineeinheiten zum Einsatz kommen, um die Freiheit der Schifffahrt
im Schwarzen Meer zu überwachen. Europäische Streitkräfte könnten
dann an der ukrainischen Westgrenze stationiert werden und etwa
Ausbildungsprogramme für die ukrainischen Partner anbieten.
Hintergrund der Planungen sind die Versuche von US-Präsident Donald
Trump, die Ukraine und Russland zum Abschluss einer
Waffenstillstandsvereinbarung zu zwingen. Viele Europäer befürchten
in diesem Zusammenhang, dass dabei vor allem die Ukraine
Zugeständnisse machen müsste und das Land ohne glaubwürdige
Sicherheitsgarantien schon bald wieder Opfer eines russischen
Angriffs werden könnte.
Eine Friedenstruppe im eigentlichen Sinne würde demnach eventuell
über die Vereinten Nationen mobilisiert werden und ausschließlich aus
Soldaten aus unparteiischen Drittstaaten bestehen.
Viele Verletzte in Charkiw nach russischem Beschuss
In der ostukrainischen Region Charkiw sind offiziellen Angaben nach
mindestens 17 Menschen durch schweren russischen Drohnenbeschuss zu
Schaden gekommen. In der Stadt Charkiw gebe es neun Verletzte, in der
Ortschaft Solotschiw weitere acht, teilte der Militärgouverneur der
Region, Oleh Synjehubow, auf Telegram mit. Die Zahl der Verletzten
könnte weiter steigen. Unter den Opfern sind auch mindestens zwei
Minderjährige.
Seoul: Pjöngjang schickt weitere Soldaten nach Russland
Nordkorea hat nach Angaben der südkoreanischen Militärführung
mindestens 3.000 zusätzliche Soldaten zur Unterstützung Russlands im
Ukraine-Krieg entsandt. «Es scheint, als ob im Januar und Februar
mindestens 3.000 weitere Soldaten entsandt wurden», zitierte die
amtliche Nachrichtenagentur Yonhap den südkoreanischen Generalstab.
Zuvor hatte Nordkorea im vergangenen Herbst bereits rund 11.000
nordkoreanische Soldaten in die russische Region rund um Kursk
entsandt.
Ein möglicher Grund für Nordkoreas zusätzliche Truppenentsendung
könnten die hohen Verluste der nordkoreanischen Einheiten von bis zu
4.000 Verwundeten und Toten sein.