Europa bis Lesotho: So sieht Trumps globales Zollpaket aus Von Julia Naue, Christiane Jacke und Ansgar Haase, dpa

03.04.2025 07:38

US-Präsident Trump setzt auf drastische Strafabgaben für
Handelspartner und gibt sich unnachgiebig. Seine Pläne begründet er
mit unfairen Handelspraktiken. Muss die EU nun ebenso heftig kontern?

Washington (dpa) - Wochenlang hatte US-Präsident Donald Trump mit
einem umfassenden XXL-Zollpaket gedroht. Doch die Details seiner
Ankündigungen blieben vage und teils widersprüchlich. Die
Ungewissheit rief weltweit Besorgnis hervor - auch in der
Europäischen Union. Nun hat Trump seine Pläne präsentiert. Sie sind
nicht nur komplex, sondern auch beispiellos in ihrem Umfang.

Was hat Trump angekündigt?

Die USA belegen ab Samstag Einfuhren aus allen Ländern pauschal mit
Zöllen von zehn Prozent. Außerdem kündigte die US-Regierung einen
komplexen Mechanismus an, der für viele Länder höhere Zölle vorsieh
t.
Dieser wird ab dem 9. April gelten. Ein Berater Trumps bezeichnete
diese Länder als «schlimmste Übeltäter». Gemeint sind solche Lä
nder,
mit denen die Vereinigten Staaten nach Auffassung der US-Regierung
ein besonders großes Handelsdefizit haben. 

Die Amerikaner sprechen an dieser Stelle von der Belegung mit
wechselseitigen Zöllen - also von einem Prinzip der Gegenseitigkeit.
Ihre Argumentation: Viele Länder erschwerten den Import von
US-Produkten, das könne man sich nicht länger bieten lassen. «Die
Idee ist, dass wir andere Länder so behandeln, wie sie uns
behandeln», sagte ein Berater Trumps. 

Washington bezieht sich dabei nicht nur auf Zölle, sondern auch
Handelshemmnisse wie Subventionen, strenge Einfuhrvorgaben, Diebstahl
geistigen Eigentums und Währungsmanipulation in ihre Kalkulation mit
ein. Diese Barrieren seien «weit schlimmer» als die eigentlichen
Zölle, heißt es aus dem Weißen Haus. 

Die US-Regierung hat nun für jedes Land einen Prozentsatz ermittelt,
der sowohl Zölle als auch diese anderen Handelshemmnisse abbilden
soll. Daraus leitet sich dann der entsprechende Zoll auf Importe aus
diesen Ländern ab. Er ist jeweils etwa halb so hoch wie der von den
Amerikanern ermittelte und schwer überprüfbare Wert. Warum nur die
Hälfte? Trump begründet das mit seiner Milde und sagt: «Wir sind gute

Menschen.»

Was heißt das für Deutschland und die EU?

Für die Europäische Union heißt das, dass Exporte ihrer
Mitgliedsländer in die Vereinigten Staaten ab kommender Woche mit
einem Zoll von 20 Prozent belegt werden. Deutschland als drittgrößte
Volkswirtschaft der Welt ist in der Zoll-Liste des Weißen Hauses
nicht einzeln aufgeführt, sondern fällt unter die Bestimmungen für
die EU. Trump kritisiert die EU nicht nur für höhere Zölle, er
moniert auch die in Europa erhobene Mehrwertsteuer als bedeutende
Handelsbarriere für US-Produkte. Das Argument ist allerdings
fragwürdig, denn die Mehrwertsteuer wird für Produkte aus der EU
gleichermaßen fällig. 

Die Amerikaner haben errechnet, dass die Europäische Union Zölle in
Höhe von 39 Prozent auf US-Importe verhänge - dabei sollen alle
Handelshemmnisse berücksichtigt sein. Wie genau die US-Regierung
diesen Wert ermittelt hat, ist unklar. Die EU selbst gibt an, dass es
aus technischen Gründen schwer sei, einen absoluten Wert zu
ermitteln, da sich ein Durchschnitt auf sehr unterschiedliche Weise
berechnen lasse. «Legt man jedoch den tatsächlichen Warenhandel
zwischen der EU und den USA zugrunde, so liegt der durchschnittliche
Zollsatz in der Praxis auf beiden Seiten bei etwa einem Prozent»,
betont die EU-Kommission. 

Die Zollunterschiede mit der Europäischen Union sehen Fachleute in
den meisten Bereichen als eher klein an. Die große Ausnahme ist der
Agrarsektor, wo die EU-Zölle teils deutlich höher sind als in den USA
- insbesondere auf Milchprodukte, Fleisch, Zucker und Geflügel. Zu
beachten sind hier auch unterschiedliche Standards und
Importvorgaben. Auch Textilien und Bekleidung aus den USA unterliegen
in Europa meist etwas höheren Zöllen als umgekehrt - der Unterschied
ist aber teils geringfügig. Andersherum sind Zölle auf Kunststoffe,
Chemikalien, Kunstwerke und Antiquitäten in den USA teilweise höher
als in der Europäischen Union. 

Für welche Länder gelten nun besonders hohe Einfuhrgebühren?

Einige Länder treffen die neuen Zölle besonders hart. Teilweise
werden sehr kleine Handelspartner stark abgestraft, etwa Krisenländer
wie Syrien und Myanmar. Die härtesten Strafzölle von je 50 Prozent
treffen den afrikanischen Kleinstaat Lesotho und ein französisches
Überseegebiet, die Inselgruppe Saint-Pierre und Miquelon. Es folgen
Kambodscha mit 49 Prozent und Laos mit 48 Prozent vor Madagaskar mit
47 Prozent. Vietnam muss 46 Prozent verkraften, für Myanmar und Sri
Lanka sind es 44 Prozent und Syrien 41 Prozent. 

Für China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA,
belaufen sich die neuen Zölle auf 34 Prozent - zusätzlich zu bereits
geltenden happigen Strafabgaben auf Produkte aus der Volksrepublik.

Russland dagegen fehlt auf Trumps langer Liste - im Gegensatz zur
Ukraine, für die Strafzölle von 10 Prozent fällig werden sollen. Zur

Erklärung führte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt der
US-Nachrichtenseite «Axios» gegenüber an, dass Russland nicht
berücksichtigt wurde, weil US-Sanktionen bereits «jeden bedeutenden
Handel ausschließen». Dabei liegt Russland in der Handelsbilanz der
USA bei Warenimporten aber immer noch vor der Ukraine. 

Wie geht es jetzt weiter?

Präsident Trump hat einen nationalen Notstand ausgerufen. Als Grund
nennt die US-Regierung wirtschaftliche und sicherheitspolitische
Risiken angesichts der Handelsdefizite mit anderen Ländern.

«Das ist keine Verhandlung, das ist ein nationaler Notstand»,
entgegnete ein Trump-Berater auf die Frage, ob die betroffenen Länder
die Zölle noch verhindern oder mindern könnten. Er machte klar, dass
andere Länder nicht einfach niedrigere Zölle auf US-Importe
ankündigen könnten, um Zollerleichterungen seitens der USA zu
erreichen. Als Grund nannte er die anderen Handelshemmnisse, welche
die USA benachteiligen würden.

Das Weiße Haus teilt dazu mit: «Die Zölle bleiben in Kraft, bis
Präsident Trump feststellt, dass die durch das Handelsdefizit und die
zugrunde liegende ungleiche Behandlung verursachte Bedrohung
beseitigt, gelöst oder gemindert wurde.»

Gibt es Sonderregeln?

Die USA haben bereits vor Trumps gewaltiger Zollankündigung diverse
Strafabgaben auf bestimmte Produkte verhängt, die weiter greifen. So
sollen ab heute Zölle in Höhe von 25 Prozent auf alle in die USA
importierten Autos gelten, für Autoteile soll diese Strafmaßnahme
spätestens am 3. Mai greifen. Auch auf alle Stahl- und
Aluminiumeinfuhren erheben die USA Zölle in Höhe von 25 Prozent. Für

bestimmte Importe aus Kanada und Mexiko werden ebenfalls Strafabgaben
fällig - es gibt aber bestimmte Ausnahmen. 

An all diesen spezifischen Zöllen ändert sich nun wohl erst einmal
nichts - die neuen Zollregelungen finden hier den Angaben nach keine
Anwendung. Ein hochrangiger Regierungsvertreter machte auch deutlich,
dass Trump bald sogar noch weitere spezifische Strafmaßnahmen für
bestimmte Produktgruppen verhängen könnte - egal aus welchem Land sie
kommen. Explizit nannte er dabei: Halbleiter, Arzneimittel und
kritische Mineralien. 

Wie reagiert die EU?

Die EU bereitet Gegenmaßnahmen vor, bleibt aber gesprächsbereit. «Wir

finalisieren bereits das erste Maßnahmenpaket als Reaktion auf die
Stahlzölle und bereiten nun weitere Maßnahmen vor, um unsere
Interessen und Unternehmen zu schützen, falls die Verhandlungen
scheitern», sagt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Zugleich betont die deutsche Spitzenpolitikerin, es sei noch nicht zu
spät für Verhandlungen und appelliert an die US-Seite, sich auf
Gespräche einzulassen. Ziel müsse es sein, Handelshemmnisse abzubauen
und nicht, sie zu erhöhen.

Welche Gegenmaßnahmen sind geplant?

Details nannte von der Leyen zunächst nicht. Nach Angaben aus
Kommissionskreisen würden sie aber unter anderem die Einführung
weitreichender Gegenzölle beinhalten. Zudem werden Abgaben auf
digitale Dienstleistungen von US-Unternehmen in der EU erwogen. Sie
könnten die Plattform X von Trump-Unterstützer Elon Musk und Firmen
wie Google, Amazon oder Netflix treffen. Bereits angekündigt ist,
dass Mitte April die derzeit ausgesetzten Sonderzölle auf US-Produkte
wie Jeans, Bourbon-Whiskey, Motorräder und Erdnussbutter wieder
eingeführt werden. Dies ist aber die Reaktion auf die US-Sonderzölle
auf Stahl- und Aluminiumimporte, die bereits in Kraft getreten sind.

Welche Angebote könnte die EU in Verhandlungen machen?

Neben Zollsenkungen auf Waren wie US-Autos gelten neue Abkommen als
Option. Nach Einschätzung der EU-Kommission könnten die Europäische
Union und Trump etwa einen neuen Deal zum Ausbau amerikanischer
Exporte von Flüssiggas (LNG) schließen. «Wir bekommen immer noch viel

LNG aus Russland, warum also nicht stattdessen amerikanisches LNG
einsetzen, das günstiger für uns ist und unsere Energiepreise senkt»,

sagte von der Leyen bereits im vergangenen Jahr. Zudem wäre es
möglich, mehr Militärtechnik und Agrargüter aus den USA zu
importieren.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Das ist unklar. In seiner ersten Amtszeit ließ sich Trump durch einen
Deal zur Förderung der EU-Importe von US-Produkten wie Soja,
Rindfleisch und Flüssiggas davon abhalten, den bereits damals
bestehenden Handelskonflikt weiter zu eskalieren. Für die
Verhandlungen war damals Jean-Claude Juncker zuständig, der seitdem
den Ruf hat, ein «Trump-Flüsterer» zu sein. 

Der Deutschen Presse-Agentur sagte er vor wenigen Monaten in einem
Gespräch: «Man sollte Trump mit Respekt begegnen und das ernst
nehmen, was er sagt und mit ihm in der Substanz Verhandlungen
führen.» Trump sei «nicht der Mann, der große Verträge schließt
- er
hätte gerne einen Deal.» Also müsse man ihm etwas anbieten, was ihm
erlaube, «innenpolitisch über die Hügel und Berge zu kommen».