Wie Europa auf die Trump-Zölle reagieren kann

04.04.2025 04:15

Trumps Zollpolitik setzt die Weltwirtschaft unter Druck - eine
wichtige Variable ist nun, wie die Handelsmacht Europa reagiert. Ein
EU-Politiker sagt, es liege eine «Bazooka» auf dem Tisch.

Brüssel (dpa) - Donald Trumps gewaltiges Zollpaket wird mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht unbeantwortet bleiben.
Aber welche Reaktionen der US-Präsident aus Europa genau zu erwarten
hat, steht noch nicht abschließend fest. Laut einer ersten Analyse
der EU könnten künftig Zölle von insgesamt mehr als 81 Milliarden
Euro auf EU-Waren fällig werden. Zum Vergleich: Bisher waren es
lediglich sieben Milliarden. 

Seit Langem wiederholen EU-Politiker, dass es eine entschiedene und
zugleich angemessene Antwort geben wird. Daher werden in der
Europäischen Union nun die Trump-Maßnahmen analysiert und Reaktionen
abgewogen. Denn Gegenmaßnahmen können auch negative Auswirkungen auf
europäische Unternehmen haben. 

Am Montag will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit der
Stahl- und Autobranche über die Lage beraten, am Dienstag mit der
Pharmabranche. Grundsätzlich stehen der EU mehrere Optionen zur
Verfügung: 

Gegenzölle: 

Erste Gegenzölle sollen Mitte April kommen. Dabei geht es um derzeit
ausgesetzte Sonderzölle auf US-Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey,
Motorräder des Herstellers Harley-Davidson und Erdnussbutter. Diese
Abgaben sind aber keine Reaktion auf die neusten Ankündigungen
Trumps, sondern auf US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte,
die bereits gelten.

Bei den Gegenzöllen gelte es, sich nicht ins eigene Fleisch zu
schneiden, betont ein EU-Beamter. Sojabohnen etwa könne die EU auch
aus Brasilien einführen. Wenn es keine Alternative zu US-Produkten
gebe, solle es keine Gegenzölle geben. Eine knapp 100 Seiten lange
Liste mit Waren, die von Gegenmaßnahmen betroffen sein könnten, hatte
die Kommission Mitte März veröffentlicht. Neben Lebensmitteln sind
Seifenprodukte, Teppiche und Kleidungsstücke aufgelistet. 

Die «Bazooka»:

Auch wegen einer möglichen Wiederwahl Trumps hatte die EU sich
bereits 2023 auf ein weitreichendes Sanktionsinstrument geeinigt. Der
Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments, Bernd Lande
(SPD), bezeichnet es als «Bazooka» der möglichen Gegenmaßnahmen.
Diese Option liege auf dem Tisch. Er betonte aber auch: «Das ist
nicht die erste Wahl.» Zuvor gebe es eher traditionelle Maßnahmen,
die man in Betracht ziehen könne. 

Das sogenannte Instrument gegen Zwangsmaßnahmen soll zum Beispiel
Strafzölle gegen Drittländer ermöglichen, die mit wirtschaftlichen
Maßnahmen in unzulässiger Weise in die politischen Entscheidungen der
EU oder der EU-Mitgliedstaaten einzugreifen versuchen.

Als mögliche Sanktionen können auch der Zugang zur Vergabe
öffentlicher Aufträge aus der EU oder der Marktzugang allgemein
begrenzt werden. Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des
Europaparlaments, Anna Cavazzini (Grüne), nannte als Beispiele, dass
der Zugang zu Banken-, Versicherungs- und Kapitalmärkten der EU für
amerikanische Unternehmen beschränkt werden könne. 

Digitalsteuer: 

Abgaben auf digitale Dienstleistungen von US-Unternehmen in der EU
könnten die Plattform X von Trump-Unterstützer Elon Musk und Firmen
wie Google, Amazon oder Netflix treffen. Für sie ist die EU mit ihren
rund 450 Millionen Einwohnern ein äußerst lukrativer Markt. 

Zudem betont die EU-Kommission, dass die USA deutlich mehr
Dienstleistungen in die EU exportieren als aus der EU importieren.
Dabei geht es EU-Zahlen zufolge um 396,4 Milliarden Euro Exporte im
Vergleich zu Importen in Höhe von 292,4 Milliarden Euro.

Verhandlungen: 

Brüssel signalisiert weiterhin Verhandlungsbereitschaft. «Die
Europäische Union will nicht eskalieren, sie will verhandeln. Von
einer fairen Position aus, aber auch einer Position der Stärke»,
sagte ein EU-Beamter.

EU-Handelskommissar Maros Sefcovic hat angekündigt, heute das
Gespräch mit der US-Seite zu suchen. «Wir werden ruhig, sorgfältig
gestaffelt und einheitlich vorgehen», schrieb er. Bislang haben
Gespräche zwischen der EU und den US-Vertretern aber keine greifbaren
Ergebnisse hervorgebracht. Sefcovic war erst vor wenigen Tagen für
Gespräche in Washington. 

Laut Lange wurden immer Angebote gemacht, über konkrete Kompromisse
zu reden, was aber abgelehnt worden sei. Zunächst müsse man wissen,
wo auf der amerikanischen Seite Verhandlungsbereitschaft bestehe,
betont der Handelspolitiker. «Das ist momentan das große Problem.» 


Intensivere Handelspartnerschaften: 

Während Gespräche mit den USA derzeit zäh laufen, könnte die
drastische Politik des US-Präsidenten anderen, lange auf Eis
liegenden Projekten neues Leben einhauchen. So hat die EU-Kommission
jüngst Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem
südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen. Die Einigung
kann aber immer noch scheitern, in jedem Fall muss etwa das
EU-Parlament zustimmen.

EU-Ratspräsident António Costa rief nach den Zollankündigungen von
US-Präsident Donald Trump dazu auf, dass es nun an der Zeit sei, das
Abkommen auch zu ratifizieren. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit
weitere Partnerschaften intensiviert werden könnten, etwa mit Mexiko
oder mit von US-Zöllen besonders getroffenen Ländern. 

Deutschlands geschäftsführende Außenministerin Annalena Baerbock
(Grüne) sagte, jetzt zeige sich, wie wichtig es gewesen sei,
Freihandelsbeziehungen zu Partnern auf der ganzen Welt auszubauen.
Als Beispiele nannte sie den indopazifischen Raum, Neuseeland und
Australien. Auch der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary dringt
darauf, dass dringend neue Märkte erschlossen werden müssten. Neue
Handelsabkommen seien nötig.