Estnischer Minister will Orbán das EU-Stimmrecht entziehen

06.04.2025 18:12

Immer wieder sorgt Ungarns Regierungschef Orbán, der gute Beziehungen
zum Kreml pflegt, in der EU für Unruhe. Der estnische Außenminister
erwägt hart zu kontern.

Berlin (dpa) - Der estnische Außenminister Margus Tsahkna hat die
Politiker der Europäischen Union zu einer härteren Linie gegen den
ungarischen Regierungschef Viktor Orbán aufgerufen. Im Interview der
«Rheinischen Post» warf er Orbán vor, er spiele nur dem russischen
Präsidenten Wladimir Putin in die Hände. «Wir haben mit Ungarn ein
sehr schwaches Land, dass in Putins Mannschaft mitspielt. Nicht in
unserer europäischen.»

Tsahkna schlug vor, dem Ungarn bei wichtigen Entscheidungen, etwa zur
europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, befristet das Stimmrecht
zu entziehen. Dazu biete Artikel 7 des Vertrags über die Europäische
Union die Möglichkeit, wenn die Sicherheit Europas und die der
anderen Mitglieder gefährdet sei, sagte Tsahkna. «Das ist also genau
das, was Orbán tut.» 

Der Außenminister Estlands rief zudem dazu auf, eingefrorenes
russisches Vermögen einzuziehen. «Wir haben eingefrorene, immobile
Vermögenswerte in Europa im Wert von 240 Milliarden und mehr. Das
russische Zentralbankgeld liegt überwiegend in Belgien», sagte er.
Alle sechs Monate müsse über die Verlängerung der Sanktionen
entschieden werden. Und jedes Mal sei die Zustimmung Ungarns dafür
nötig. «Sollten sie das im Juni blockieren, laufen nicht nur die
Sanktionen aus, dann müssten wir Putin die 240 Milliarden Euro
aushändigen.» Um gegenüber der europäischen Bevölkerung deswegen

nicht in Erklärungsnot zu geraten, sollten diese Vermögenswerte
beschlagnahmt werden. Dazu gebe es rechtliche Möglichkeiten, so der
Minister. «Wir können doch nicht von unseren Steuerzahlern Geld
verlangen, um die Ukraine zu unterstützen, und nicht von Russland,
das der Aggressor ist.» Russland hatte sein Nachbarland vor gut drei
Jahren überfallen. 

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto bezeichnete seinen
estnischen Amtskollegen als «einen der fanatischsten und
verblendetsten Kriegsbefürworter-Politiker Europas». Er wolle «um
jeden Preis» den Ukraine-Krieg verlängern und «schert sich nicht
darum, mit welchen Gefahren das einhergeht», schrieb der Ungarn auf
seiner Facebook-Seite.