Nach dem Erdbeben kommt der Regen: Verzweiflung in Myanmar
07.04.2025 13:12
Leichengeruch, Masseneinäscherungen - und jetzt auch noch Regen. Die
Lage in Myanmar bleibt nach dem Erdbeben dramatisch. Die EU stockt
ihre Hilfen auf.
Naypyidaw (dpa) - Zehn Tage nach dem schweren Erdbeben der Stärke 7,7
in Myanmar steigt die Zahl der Toten unaufhaltsam weiter. Bislang
seien 3.514 Leichen gefunden worden, 210 Menschen würden noch
vermisst, teilte die regierende Militärjunta mit. Die meisten Opfer
gab es demnach rund um die zweitgrößte Stadt Mandalay, wo allein mehr
als 2.100 Einwohner ums Leben kamen. Helfer und Augenzeugen
befürchten aber, dass die wahre Zahl der Toten noch viel höher sein
könnte.
Regen erschwert Hilfseinsatz
Hinzu kommen seit dem Wochenende schwere Regenfälle, die die Arbeit
der Helfer behindern und die Situation für die Betroffenen noch
dramatischer machen. Unter anderem wurden Medienberichten zufolge
Zelte und provisorische Kliniken, die von internationalen Teams
errichtet wurden, von Regen und heftigem Wind zerstört. Auch drohten
Überschwemmungen und Erdrutsche, schrieb die Zeitung «The Irrawaddy»
unter Berufung auf örtliche Meteorologen. Im früheren Birma steht die
Regenzeit bevor.
Für die Vermissten gibt es der Militärführung zufolge derweil keine
Hoffnung mehr. Junta-Sprecher Zaw Min Tun sagte, dass die
Rettungseinsätze abgeschlossen seien und nun die Aufräumarbeiten
beginnen würden. Dem Nachrichtenportal Myanmar Now zufolge kommen die
Einsatzkräfte aber kaum noch mit dem Abtransport der Toten nach. Die
Leichenhallen seien völlig überfüllt. Massen-Einäscherungen im Frei
en
seien an der Tagesordnung.
Zusätzliche Hilfsgelder der EU
Die Europäische Kommission will zusätzliche zehn Millionen Euro für
humanitäre Hilfe bereitstellen. Damit sollen unter anderem
Notunterkünfte, medizinische Versorgung, sauberes Wasser und sanitäre
Einrichtungen finanziert werden, hieß es in einer Mitteilung. Die
gesamte Erdbebenhilfe der EU für Myanmar belaufe sich damit derzeit
auf 13 Millionen Euro und sei Teil eines umfassenderen humanitären
Pakets in Höhe von 46 Millionen Euro für 2025.
Zudem habe die EU einen ersten Flug der humanitären Luftbrücke von
Kopenhagen nach Yangon (früher: Rangun) mit 80 Tonnen lebenswichtiger
Hilfsgüter organisiert, die nun vom Kinderhilfswerk Unicef verteilt
würden, hieß es.
Geruch verwesender Leichen
Im Katastrophengebiet liegt derweil fast überall der Geruch
verwesender Leichen in der Luft, wie Beobachter sagen. Der Gestank
mache es fast unmöglich, sich dort aufzuhalten. Viele Menschen trauen
sich wegen zahlreicher Nachbeben aber noch immer nicht in ihre Häuser
und schlafen weiter im Freien.
«Erdbeben treffen nicht alle Menschen gleichermaßen - sie treffen die
Ärmsten am härtesten. Ihnen fehlen die Mittel, um zu überleben und
ihr Leben wieder aufzubauen», schrieb der UN-Nothilfekoordinator Tom
Fletcher, der sich im Unglücksgebiet aufhält, auf X.
Die Zerstörung ist so gewaltig, dass etwa die schwer betroffene Stadt
Sagaing zu 80 Prozent zerstört sein soll, wie «The Irrawaddy» unter
Berufung auf Augenzeugen berichtete. Häufige Internetausfälle
erschweren es derweil weiterhin, gesicherte Informationen zu
erhalten. Das ist in Myanmar ohnehin nicht leicht: Der
Vielvölkerstaat wird seit einem Putsch 2021 von brutalen Generälen
regiert und versinkt seither in Chaos und Gewalt.