Bewegung im Zollstreit: EU bietet USA Freihandelsdeal an Von Jörn Bender und Ansgar Haase, dpa

07.04.2025 15:34

Trumps XXL-Zollpaket sorgt weltweit für ein Börsenbeben. Nun kommt in
den Zollstreit mit den USA Bewegung. EU-Kommissionspräsidentin von
der Leyen bekräftigt einen weitreichenden Vorschlag.

Frankfurt/Brüssel/Washington (dpa) - Im Zollstreit mit den USA bemüht
sich die Europäische Union um Deeskalation: Die EU bietet den USA
eine Vereinbarung zur gegenseitigen Aufhebung aller Zölle auf
Industriegüter an. Trotz der Zollentscheidungen von US-Präsident
Donald Trump sei die Europäische Union bereit zu verhandeln, sagte
EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen in Brüssel.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurde das Angebot
bereits vor Trumps Zollentscheidungen unterbreitet und zuletzt am
Freitag erneuert. Auf Nachfrage ergänzte von der Leyen, vor allem das
Thema Freihandel für Autos sei bereits mehrfach auf dem Tisch
gewesen, es habe allerdings keine adäquate Antwort gegeben.

Vorbereitungen für Gegenmaßnahmen

Von der Leyen machte deutlich, dass die EU neben ihren Bemühungen um
Verhandlungen mit den USA weiterhin mögliche Gegenmaßnahmen für den
Fall eines Scheiterns von Verhandlungen vorbereitet.

Dies war auch Gegenstand von Beratungen der EU-Handelsminister in
Luxemburg. Der geschäftsführende Bundeswirtschaftsminister Robert
Habeck warnte dort vor überhasteten Reaktionen, sprach sich zugleich
aber für die Vorbereitung von umfangreichen Gegenmaßnahmen aus. 

Wichtig sei, dass Europa sich nicht spalten lasse, betonte der
Grünen-Politiker. Auch eine Eskalation sollte aus Sicht seiner Sicht
möglichst verhindert werden. «Es geht aus meiner Sicht darum zu
vermeiden, dass wir in einen Zollkrieg, Zollwettlauf einsteigen»,
sagte Habeck.

Verluste an den Börsen

Als Reaktion auf das von Trump in der vergangenen Woche vorgelegte
XXL-Paket von Importzöllen gingen die Börsen weltweit auf Talfahrt.
Der deutsche Leitindex Dax stürzte in den ersten Minuten am ersten
Handelstag der neuen Woche um rund zehn Prozent ab.

Der Zollstreit überlagert auch die positive Februar-Bilanz der
deutschen Exporteure. Der Aufwind dürfe nicht täuschen, sagt Dirk
Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel,
Dienstleistungen (BGA): «Der Handelskrieg ist entfacht.»

Gerade für die Exportnation Deutschland sind steigende Zölle Gift.
«Sollten Verhandlungen wider Erwarten überhaupt nichts bringen, droht
für dieses Jahr erneut eine Rezession», warnt
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Es wäre für Europas größ
te
Volkswirtschaft das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum.

«Deutschland und die EU müssen in der neuen Weltordnung rasch ihre
Rolle finden», mahnt BGA-Präsident Jandura. «Nicht nur die
asiatischen, sondern auch die afrikanischen Märkte bieten erhebliches
Potenzial für Wachstum und Geschäfte in der Zukunft.»

US-Regierung bereit zu Deals?

Trump signalisierte zwar Bereitschaft, unter bestimmten Bedingungen
mit Handelspartnern über eine Lockerung der neuen Zölle zu reden.
Sein Handelsminister Howard Lutnick hatte zuvor aber angekündigt,
dass die US-Regierung ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf
Waren aus fast allen Staaten der Erde durchziehen wolle.

Auf der von Trump präsentierten Liste stehen 185 Handelspartner, für
die deutlich höhere Importzölle gelten sollen. Einfuhren aus Ländern

der Europäischen Union will die USA mit 20 Prozent Zoll belegen. 

Trump will mit Zöllen angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren
und Produktion in die USA verlagern. Zugleich sollen die
Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer
Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren.

Bessere Geschäfte für Deutschlands Exporteure im Februar

Der Februar brachte aus deutscher Sicht zumindest bei den
Exportzahlen einen Hoffnungsschimmer: Waren «Made in Germany» im
Gesamtwert von 131,6 Milliarden Euro wurden ins Ausland geliefert.
Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1,8 Prozent mehr
als im Januar 2025 und 0,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Im Januar
und Februar zusammengenommen lagen die Ausfuhren mit 260,8 Milliarden
Euro unverändert auf Vorjahresniveau.

Die meisten deutschen Exporte gingen im Februar 2025 in die
Vereinigten Staaten: Waren im Wert von 14,2 Milliarden Euro lieferten
deutsche Hersteller in die USA und damit kalender- und
saisonbereinigt 8,5 Prozent mehr als im Januar. Die Importe aus den
Vereinigten Staaten sanken indes um 3,9 Prozent auf
7,6 Milliarden Euro. Deutsche Ausfuhren in die EU-Partnerländer
legten binnen Monatsfrist um 0,5 Prozent auf 70,2 Milliarden Euro zu.

Jüngste Stimmungsumfragen hatten Hoffnung gemacht

Trumps Zollpaket hat in der deutschen Exportwirtschaft die
aufkeimende Hoffnung auf bessere Zeiten im Keim erstickt. Noch Ende
März hatte das Ifo-Institut anhand seiner regelmäßigen Befragungen
von wachsender Zuversicht in der deutschen Exportwirtschaft
berichtet: Die Anzahl der Branchen, die mit steigenden
Auslandsumsätzen rechnen, habe deutlich zugenommen.

Seit Trump sein XXL-Zollpaket verkündet hat, ist die Handelswelt eine
andere. «Der Welthandel befindet sich in einem grundlegenden Umbruch,
der sich spürbar auf deutsche Unternehmen auswirken wird», sagt
Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und
Handelskammer (DIHK). 70 Prozent der Unternehmen erwarten nach
DIHK-Angaben negative Auswirkungen der US-Handelspolitik auf ihre
Geschäfte. Ein möglicher Aufschwung werde «komplett ausgebremst»,
sagt Treier.

Exportwirtschaft in der «Abwärtsspirale»

Das Gesamtjahr 2024 hatten Deutschlands Exporteure trotz Zuwächsen im
Dezember mit einem Minus abgeschlossen. Insgesamt exportierte
Deutschland im vergangenen Jahr Waren im Gesamtwert von 1.556
Milliarden Euro und damit 1,2 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Zehn Prozent der deutschen Ausfuhren (161,4 Mrd Euro) gingen 2024 in
die USA. BGA-Präsident Jandura sieht die Exportwirtschaft, die in
guten Zeiten ein Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft ist,
schon seit längerem in einer «Abwärtsspirale».