Expertin sieht «Hintertürchen» im Zollkonflikt
08.04.2025 04:30
Noch sei nicht alles verloren, sagt eine Expertin zum Zollkonflikt
mit Trump. Nun komme es darauf an, ob Deutschland bereit ist, für
eine gemeinsame EU-Linie auch Kosten in Kauf zu nehmen.
Berlin (dpa) - Trotz der drohenden Eskalation im Handelskonflikt
zwischen der EU und den USA sieht die Expertin für US-Handelspolitik
Laura von Daniels noch Chancen für eine Verhandlungslösung. «Es gibt
auch in den Zollankündigungen Trumps noch gewisse Hintertürchen. Es
ist noch Spielraum drin, sowohl positiv als auch negativ», sagte die
Politologin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin
der Deutschen Presse-Agentur.
Während an den bereits in Kraft getretenen pauschalen US-Zöllen von
zehn Prozent auf Importe aus allen Ländern wohl kaum noch zu rütteln
sei, bestehe bei den geplanten länderspezifischen Aufschlägen noch
Verhandlungsspielraum. Diese sollen ab dem 9. April greifen. Für die
EU hatte Trump eine Zollrate von 20 Prozent angekündigt.
Es könnte auch schlimmer kommen
Doch es könnte auch schlimmer kommen, warnt von Daniels. Trump könne
weitere Zölle auf einzelne Branchen verhängen - etwa auf die
Pharmabranche - oder europäischen Unternehmen vorschreiben, bestimmte
Technologien nicht mehr nach China zu exportieren. «Dadurch würde ein
weiterer Geschäftsbereich wegbrechen».
Ob die EU geschlossen auf Trumps Drohungen reagiere, hänge wesentlich
von Deutschland ab. Als größte Volkswirtschaft der Union mit starker
Exportorientierung sei die Bundesrepublik besonders verwundbar.
Andere EU-Staaten beobachteten genau, ob Berlin bereit sei,
wirtschaftliche Kosten zu tragen, um eine einheitliche europäische
Linie zu ermöglichen.
Nato-Mitgliedschaft als mögliches Druckmittel
Gleichzeitig setze die sicherheitspolitische Abhängigkeit Europas von
den USA der EU enge Grenzen bei möglichen Gegenmaßnahmen, etwa gegen
US-Digitalkonzerne. «Trump verknüpft Handelspolitik mit
Sicherheitspolitik. Er koppelt Zolldrohungen an Forderungen nach
höheren Verteidigungsausgaben», sagte von Daniels. Es sei denkbar,
dass er sogar die Nato-Mitgliedschaft oder US-Sicherheitsgarantien
für Europa als Druckmittel einsetze.
Wie lange und wie kompromisslos Trump seinen Kurs fortsetzt, dürfte
auch davon abhängen, ob es in den USA zu breiteren Protesten kommt -
oder seine eigene Wählerschaft sich abwendet. Erste Modellrechnungen
zeigten laut von Daniels, dass die Zölle für einen durchschnittlichen
US-Haushalt jährlich 3000 bis 5000 Dollar Mehrkosten verursachen
könnten. «Trump schadet damit einem großen Teil seiner eigenen
Anhänger.»
Zölle rauf, Musk raus?
Nicht ausgeschlossen sei, dass sich Trump bald demonstrativ von
seinem Regierungsberater Elon Musk distanziere, so die Expertin - als
symbolischer Akt, um Unmut in der Basis zu besänftigen. Trump
signalisiere dann: «Ich höre zu und ziehe Konsequenzen». Der
Präsident merke bereits jetzt, dass die von Elon Musk
vorangetriebenen Massenentlassungen und Haushaltskürzungen bei der
eigenen Wählerbasis nicht gut ankommen und habe sich bei seinen
letzten Auftritten immer mehr von Musk distanziert.