Treffen der Ukraine-Unterstützer - Kiew macht China Vorwürfe

10.04.2025 05:00

Auch chinesische Soldaten sollen für Russland kämpfen - ein
Widerspruch zur offiziellen Position Pekings, heißt es aus Kiew.
Derweil werden im Brüsseler Nato-Hauptquartier wichtige Gespräche
geführt.

Brüssel/Kiew (dpa) - Während die USA bei der Hilfe für die Ukraine
zögern, kommen im Brüsseler Nato-Hauptquartier Verteidigungsminister
aus Mitgliedstaaten der sogenannten Koalition der Willigen zusammen.
Die von Frankreich und Großbritannien geführte Gruppe will bei dem
heutigen Treffen (15.00 Uhr) ihre Pläne zur Unterstützung des von
Russland angegriffenen Landes vorantreiben. Dabei geht es vor allem
um die Frage, wie der Ukraine ein Höchstmaß an Sicherheit gegeben
werden könnte, wenn sie sich auf einen Waffenstillstand einlassen
sollte.

Dazu wird sowohl an einem Konzept für die Überwachung eines möglichen

Waffenstillstands als auch an Plänen für eine noch stärkere
Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte durch Ausbildung und
Waffenlieferungen gearbeitet. Im Idealfall soll die Armee so
schlagkräftig werden, dass Russland keine weiteren Aggressionen wagt.
Im Gespräch ist zudem, zwecks Abschreckung europäische Streitkräfte
an der Westgrenze der Ukraine zu stationieren.

Selenskyj nennt Chinas Position widersprüchlich

Nach der Gefangennahme von zwei aufseiten der russischen Armee in der
Ukraine kämpfenden Chinesen erhebt die Führung in Kiew schwere
Anschuldigungen gegen Peking. Es handle sich nicht um Einzelfälle,
sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner
abendlichen Videobotschaft. «Wir haben auch Informationen über andere
chinesische Bürger in der russischen Armee mit Namen und Kampfnamen
sowie Beschreibungen der konkreten Art und Weise, wie diese Soldaten
in das russische Besatzungskontingent gelangten.»

In einer Pressekonferenz kurz zuvor hatte Selenskyj die Zahl der
Chinesen in der russischen Armee mit mindestens 155 angegeben. Zu
diesen Kämpfern habe man inzwischen alle Angaben einschließlich der
Passdaten, sagte er. Russland werbe diese Männer über soziale
Netzwerke wie Tiktok an und die Regierung in Peking wisse davon. Die
beiden chinesischen Gefangenen, die inzwischen in Kiew befragt
würden, werde die Ukraine nur im Austausch gegen eigene
Kriegsgefangene freigeben, sagte Selenskyj auf der Pressekonferenz.

In seiner Videobotschaft betonte Selenskyj, es stehe im Widerspruch
zur offiziellen Position Pekings, dass Chinesen aufseiten der
russischen Besatzer kämpfen. Chinas Führung habe immer vor einer
Eskalation des Kriegs gewarnt - aber die Beteiligung chinesischer
Kämpfer stelle genau eine solche Eskalation dar. Daher sei eine harte
Reaktion erforderlich.

China, das sich offiziell neutral gibt, hatte den Vorwurf
zurückgewiesen, dass eigene Bürger an der russischen Invasion in der
Ukraine beteiligt seien. Dies seien haltlose Behauptungen, hieß es.
Die chinesische Regierung habe ihre Bürger stets aufgefordert, sich
von Gebieten mit militärischen Konflikten fernzuhalten.

Bezahlt, um für Russland zu kämpfen?

Zuvor hatten ukrainische Medien unter Berufung auf Armeekreise
berichtet, einer der kürzlich bei Kämpfen in der Ukraine
gefangengenommenen Chinesen habe umgerechnet mehr als 3.100 Euro
bezahlt, um russischer Soldat zu werden. Er sei durch die Aussicht
auf einen russischen Pass motiviert worden. Nach Russland reiste er
demzufolge als Tourist ein. Die russische Armee zahlt üblicherweise
ein Handgeld von umgerechnet mehreren Tausend Euro, um neue Soldaten
anzuwerben.

Laut dem Online-Portal «Ukrajinska Prawda» soll die Grundausbildung
im besetzten ostukrainischen Gebiet Luhansk nach Angaben des
Gefangenen ohne Übersetzer stattgefunden haben. Die Verständigung sei
durch Gesten und mittels automatischer Übersetzungen auf dem Telefon
erfolgt. Bei Kämpfen um die Ortschaft Bilohoriwka in der Region
Luhansk sei der Mann dann in ukrainische Gefangenschaft geraten.
Wegen fehlender Sprachkenntnisse sei seine Gruppe in eine
aussichtslose Lage gekommen und habe sich ergeben müssen. 

Hoffnung auf neue Waffenlieferungen aus den USA

Die ukrainischen Vorwürfe gegen China bekommen zusätzliche Brisanz
vor dem Hintergrund des beispiellosen Handelskriegs zwischen
Washington und Peking. Während US-Präsident Donald Trump China
strategisch als größte Bedrohung der USA betrachtet, behandelt er
Russland vergleichsweise wohlwollend. Mehrere russische
Kriegsforderungen wie den Verzicht der Ukraine auf größere Gebiete
und einen Nato-Beitritt hatte die US-Regierung schon vor eigentlichen
Verhandlungen über eine mögliche Waffenruhe praktisch abgesegnet.
Auch von seinem gewaltigen Zollpaket hat Trump Russland mit Verweis
auf die laufenden Friedensbemühungen ausgenommen, nicht aber die
Ukraine.

Trump ist - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Joe Biden - nicht
gewillt, weiter große Summen in die Unterstützung der Ukraine zu
investieren. Selenskyj bekräftigte aber erneut, sein Land sei bereit,
für weitere Militärhilfen aus den USA zu zahlen, speziell für die
dringend benötigten Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot. Derzeit laufen
Verhandlungen über ein Rohstoffabkommen zwischen beiden Ländern, mit
denen sich die USA unter anderem die Kontrolle über Vorkommen
seltener Erden in der Ukraine sichern wollen.