Kinderspielzeug soll in der EU sicherer werden Von Stella Venohr, dpa
11.04.2025 10:08
Spielspaß mit Schadstoffwarnung: Was süß aussieht, kann hormonell
wirken oder Allergien auslösen. Die EU will Kinderspielzeug deshalb
sicherer machen.
Brüssel (dpa) - Glitzernde Einhörner, sprechende Puppen oder
ferngesteuerte Roboter: Spielzeuge sind für Kinder mehr als nur
Zeitvertreib - sie regen die Fantasie an, begleiten durchs Aufwachsen
und sollen vor allem eines sein: sicher. Doch längst nicht jedes
Produkt hält, was es verspricht. Besonders beim Onlinekauf oder bei
Importen aus Drittstaaten tauchen immer wieder problematische
Spielzeuge auf. Nun soll in der EU nachgeschärft werden. Unterhändler
des Europaparlaments und der Mitgliedstaaten erzielte eine vorläufige
Einigung auf neue Regeln - mit strengeren Vorgaben für Hersteller,
mehr Transparenz bei Inhaltsstoffen und einem digitalen Produktpass.
Warum braucht es neue Regeln für Spielzeug?
Viele Eltern achten beim Kauf auf Qualität und Sicherheit - doch
längst nicht jedes Spielzeug ist unbedenklich. Die bisherige
EU-Richtlinie von 2009 hat zwar hohe Standards gesetzt, kam aber bei
Onlinekäufen und Chemikalien an ihre Grenzen. Die neuen Regeln sollen
nun bestehende Lücken schließen und für mehr Kontrolle sorgen.
Wie soll das konkret funktionieren?
Ein Kern der Reform ist ein digitaler Produktpass, der für jedes
Spielzeug vorgeschrieben werden soll, das in der EU verkauft wird. Er
funktioniert wie eine Art Sicherheits-Steckbrief. Darin stehen
Sicherheitsinformationen und Warnhinweise - abrufbar etwa über einen
QR-Code. Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch Zollbehörden
sollen so leichter prüfen können, ob Spielzeug den Vorgaben
entspricht.
Welche Regeln gelten künftig für Chemikalien?
Schon heute sind Stoffe verboten, die etwa krebserregend oder
fortpflanzungsschädigend sind. Neu ist: Auch sogenannte endokrine
Disruptoren (die das Hormonsystem beeinflussen) sowie Chemikalien,
die das Nerven-, Atem- oder Immunsystem schädigen können, werden
künftig verboten. Auch bei besonders bedenklichen Stoffgruppen werden
die Regeln verschärft. Darunter fallen etwa PFAS - sogenannte
Ewigkeitschemikalien, die sich kaum abbauen und sich im Körper oder
in der Umwelt anreichern können. Ausnahmen soll es für
Spielzeugkomponenten geben, die für elektronische oder elektrische
Funktionen erforderlich sind und für Kinder völlig unzugänglich
bleiben. Ziel ist es, Kinder langfristig besser vor
Gesundheitsrisiken zu schützen.
Spielzeuge dürfen zudem künftig nicht mehr mit Biozidprodukten
behandelt werden - außer sie sind ausdrücklich für die Nutzung im
Freien gedacht. Allergieauslösende Duftstoffe sind künftig verboten,
wenn Spielzeuge für Kinder unter drei Jahren bestimmt sind und in den
Mund genommen werden können. Viele Eltern machen sich Sorgen über
Rückstände oder undeutlich deklarierte Inhaltsstoffe - hier soll es
mehr Klarheit geben.
Die geschäftsführende Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke
(Grüne) betonte, dass Allergene, Weichmacher und hormonschädigende
Stoffe nicht in Spielzeug und Kinderhände gehörten.
Gilt das auch für Online-Shops?
Ja. Plattformen wie Online-Marktplätze oder Händlerportale sollen
stärker in die Pflicht genommen werden. Sie müssen sicherstellen,
dass dort nur konformes Spielzeug angeboten wird - auch von
Dritthändlern. Nach Angaben des EU-Parlaments müssen beispielsweise
Marktplätze ihre Plattformen so gestalten, dass Verkäufer
Sicherheitshinweise und einen Link (etwa einen QR-Code) zum digitalen
Produktpass vor Abschluss des Kaufs sichtbar anzeigen können.
Ab wann gelten die neuen Regeln?
Die Einigung zwischen Parlament und Mitgliedstaaten steht - sie muss
nun noch von beiden Organen gebilligt und formell angenommen werden.
Die neuen Regeln treten nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt
in Kraft. Danach gilt ein Übergangszeitraum von viereinhalb Jahren,
damit die Industrie die neuen Anforderungen wirksam umsetzen kann.
Frühestens von 2029 an dürften die Vorschriften also greifen.
Was sagen die Hersteller dazu?
Der europäische Dachverband Toy Industries of Europe (TIE) blickt
noch zurückhaltend auf die Einigung. Man unterstütze zwar die
Bemühungen der EU, die Sicherheitsvorschriften für Spielzeug auf dem
neuesten Stand zu halten, doch es sei entscheidend, dass diese nicht
zu einer unverhältnismäßigen Belastung für seriöse
Spielzeughersteller werden, hieß es in einer Mitteilung.