Plan aus Brüssel: Müssen ältere Autos bald jährlich zum Tüv? Von Marek Majewsky, dpa
24.04.2025 15:59
Die Europäische Kommission bringt neue Regeln für die
Verkehrssicherheit auf den Weg. Einer der Vorschläge trifft Besitzer
älterer Autos. Aus Deutschland kommt bereits Kritik.
Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission will eine jährliche
Pflichtinspektion für Autos einführen, die älter als zehn Jahre sind.
Bevor diese Vorgabe in Kraft treten kann, müssen auch das
Europaparlament und die EU-Staaten dem Vorschlag zustimmen.
«Die EU ist fest entschlossen, die Zahl der Verkehrstoten und
Schwerverletzten bis 2030 um 50 Prozent zu senken», sagt
EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas. Der Vorschlag der
Kommission ziele auf unsichere Fahrzeuge ab, die zu Unfällen,
Todesfällen und Verletzungen beitrügen, teilte die Behörde mit.
Neben häufigeren Inspektionen schlägt die Kommission unter anderem
auch vor, dass Kilometerstände in nationalen Datenbanken erfasst
werden sollen. Zudem sind neue Tests für elektronische
Sicherheitssysteme sowie neue Prüfverfahren für Emissionen Teil der
Vorschläge.
EU-Kommission hofft auf weniger Verkehrstote
Ziel der häufigeren Inspektionen ist es den Angaben nach, die Zahl
der Verkehrsunfälle und der Unfallopfer zu senken. Die Kommission
rechnet damit, dass die Einführung jährlicher Prüfungen von Pkw und
Kleintransportern zu einem Prozent weniger Verkehrstoten und
Verletzten führt.
Ältere Fahrzeuge seien pannenanfälliger, zudem hätten Studien
gezeigt, dass sie häufiger in Unfälle verwickelt seien und einen
höheren Anteil an Fahrzeugen mit hohem Schadstoffausstoß hätten, so
die Brüsseler Behörde weiter.
«Da Autos für den weitaus größten Teil der Todesfälle verantwortl
ich
sind, und selbst wenn technische Defekte nur einen relativ geringen
Anteil an den Unfallursachen ausmachen, kann die jährliche Inspektion
älterer Autos einen erheblichen Unterschied machen. Dies gilt
insbesondere für die Sicherheit.»
ADAC sieht jährliche Inspektionen kritisch
«Die Vorschläge der EU-Kommission eine jährliche Pflichtinspektion
für Autos einzuführen, die älter als zehn Jahre sind, hält der ADAC
nicht für notwendig», teilte der Verkehrsclub auf Anfrage der
Deutschen Presse-Agentur mit. Eine Verschärfung der Prüfintervalle,
insbesondere in Deutschland, sei nicht angemessen.
Die Hauptuntersuchung sei etabliert und gesellschaftlich anerkannt,
ihre Effizienz sei unabdingbar. «Andernfalls könnte die
gesellschaftliche Akzeptanz gefährdet werden», so der ADAC.
Auch aus dem EU-Parlament kommen bereits kritische Reaktionen. «Es
droht viel zusätzlicher bürokratischer Aufwand. Eine jährliche
Überprüfungsfrist für ältere Fahrzeuge treibt die Kosten für
Autobesitzer in die Höhe», teilte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber
mit. Man werde sich die Regelungen genau ansehen, kündigte er an. Der
AfD-Abgeordnete Siegbert Droese sieht den Vorschlag als einen
«Angriff auf die Freiheit».
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) teilte mit: «Die
Forderung nach einer jährlichen Pflichtinspektion für ältere Autos
ist ein Negativbeispiel, wie die EU die Menschen mit Bürokratie
überhäuft.» Die Forderung sei unverhältnismäßig.
In Deutschland Hauptuntersuchung grundsätzlich alle zwei Jahre
In Deutschland müssen Fahrzeuge in der Regel alle zwei Jahre zur
Hauptuntersuchung, unabhängig davon, wie alt ein Fahrzeug ist. Für
Neuwagen steht die erste Inspektion erst nach 36 Monaten an. Wer die
Frist für den Termin verpasst und sich nicht rechtzeitig eine neue
Tüv-Plakette abholt, muss im Fall einer Fahrzeugkontrolle mit einem
Bußgeld rechnen. In vielen EU-Staaten müssen ältere Autos bereits
jährlich zur Inspektion.
Die Mängelquote bei Hauptuntersuchungen (HU) steigt bei Autos mit dem
Alter stark an, wie auch Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes belegen.
Bei Autos im Alter von drei bis fünf Jahren - also typischerweise bei
der ersten Hauptuntersuchung - kamen 2023 knapp 94 Prozent ohne
Mängel durch die HU.
Bei Autos im Alter von sieben bis neun Jahren waren es nur noch 77
Prozent und bei Autos über neun Jahren - eine genauere Unterteilung
gibt es über dieser Marke nicht mehr - nur noch 54 Prozent. In dieser
obersten Altersklasse finden die Prüfer den Angaben nach im Schnitt
bei mehr als jedem vierten Auto mindestens erhebliche Mängel. Knapp
ein Prozent hatte dort sogar gefährliche Mängel oder war gar
verkehrsunsicher, das ist ein mehrfaches der Werte aus den jüngeren
Altersgruppen.
2023 wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland knapp 22
Millionen Pkw zur Hauptuntersuchung vorgeführt. Mehr als die Hälfte
war über neun Jahre alt. Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor.