Rechnungshof: EU verfehlt 20-Prozent-Ziel bei Chips
28.04.2025 17:00
Smartphones, Autos oder Waschmaschinen: Kaum ein Gerät kommt ohne
Chips aus. Die EU holt mehr Produktion nach Europa - doch das läuft
langsamer als erhofft.
Luxemburg (dpa) - Die EU wird nach Einschätzung des Europäischen
Rechnungshofs das Ziel verfehlen, ihren Chip-Marktanteil bis 2030 auf
ein Fünftel zu verdoppeln. «Die EU muss ihre Strategie für die
Mikrochip-Industrie dringend einem Realitäts-Check unterziehen»,
forderte Rechnungshofs-Mitglied Annemie Turtelboom.
Ein EU-Gesetz von 2023 soll Dutzende Milliarden Euro für die
europäische Chip-Produktion mobilisieren. Dabei wurde auch das Ziel
von 20 Prozent Weltmarkt-Anteil ausgegeben.
Angst um Chip-Versorgung
Die weitaus meisten Chips - vor allem die modernsten für Smartphones
und KI-Rechenzentren - werden in Asien produziert. Im Westen ist die
Sorge groß, zum Beispiel durch Spannungen um Taiwan von
unverzichtbaren Halbleiter-Lieferungen abgeschnitten zu werden. Die
Engpässe in der Corona-Pandemie waren ein Weckruf: Damals gab es
wegen sprunghaft gestiegener Nachfrage nicht genug Chips für
Notebooks, Autos und Waschmaschinen. Die USA kamen unter Präsident
Joe Biden den Europäern mit einem ähnlichen Gesetz voraus.
Die EU-Kommission habe zwar akzeptable Fortschritte erzielt, das Ziel
sei jedoch sehr hoch angesetzt, stellte der Rechnungshof fest. «Die
EU wird wohl kaum wie geplant bis 2030 einen Anteil von 20 Prozent am
Weltmarkt für Mikrochips erreichen.» Denn bei den rasanten
Entwicklungen der Branche und dem intensiven geopolitischen
Wettbewerb müsse die EU die Produktionskapazität dafür vervierfachen.
«Ein solches Tempo ist momentan in keinem Bereich erkennbar.»
Intel-Fabrik in Magdeburg auf Eis
Weitere Schlüsselfaktoren bei der Chipherstellung seien die
Abhängigkeit von Rohstoff-Importen, hohe Energiekosten sowie
geopolitische Spannungen und Fachkräftemangel, hieß es vom
Rechnungshof. Außerdem bestehe die Mikrochip-Industrie in der
Europäischen Union aus wenigen großen Unternehmen, sodass der
Misserfolg einzelner Projekte erhebliche Auswirkungen habe.
Nach Verabschiedung des EU-Gesetzes hatte der taiwanische
Auftragsfertiger TSMC, von dem die meisten High-Tech-Chips kommen,
den Bau einer zehn Milliarden Euro teuren Fabrik in Dresden begonnen.
Intel kündigte ein Werk in Magdeburg an, legte das Projekt aber im
September zunächst für voraussichtlich zwei Jahre auf Eis.
Der Europäische Rechnungshof (EuRH) mit Sitz in Luxemburg ist eine
unabhängige Prüfstelle, die die Einnahmen und Ausgaben der EU
überprüft.