Verkehrspolitik

Wichtiger Aspekt des Binnenmarktes

Eine gemeinsame Verkehrspolitik war schon im Gründungsvertrag der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in Jahr 1957 vereinbart worden. Zunächst hatte die EWG Schwierigkeiten, die Vertragsziele in konkrete Politik umzusetzen. Erst der Europäische Binnenmarkt, der den freien Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen bringen sollte und damit auch ein reibungsloses Funktionieren von Personen- und Güterbeförderung erforderlich machte, führte seit Ende der achtziger Jahre zu erheblichen Fortschritten einer gemeinsamen Verkehrspolitik. Mit dem Vertrag von Maastricht (1992) wurden schließlich auch die institutionellen und finanziellen Fundamente gestärkt und das Konzept der Transeuropäischen Netze eingeführt.

Mit dem Europäischen Binnenmarkt ist durch Liberalisierung und Harmonisierung ein Gemeinsamer Verkehrsmarkt entstanden, in dem die Transportunternehmen ohne Beschränkungen ihre Dienste europaweit anbieten können. Freilich bedurfte es weiterhin ergänzender Regelungen, um die stetig wachsenden Verkehrsströme zu bewältigen, die Sicherheit zu verbessern sowie Umwelt und Bevölkerung möglichst zu schonen. So ist denn ein Regelwerk für den Verkehr auf Straße, Schiene und Binnenwasserstraßen sowie zur See und in der Luft entstanden. Es enthält unter anderem Regelungen über Straßenbenutzungsgebühren, zur Liberalisierung im Luftverkehr, zum Flugverkehrsmanagement, zur Luftbelastung und zur Förderung umweltfreundlicher Technologien, sowie entsprechender Forschung und Entwicklung.

Im Laufe der Jahre wurde auch deutlich, dass die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs der verschiedenen Verkehrssysteme vor allem durch starre und überkommene Unternehmensstrukturen insbesondere bei den umweltfreundlichen Systemen Eisenbahn und Binnenschifffahrt beeinträchtigt wird. Dies führte zum Beispiel zu drei neuen Richtlinien über diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur, die im März 2001 in Kraft getreten sind. Hier geht es um die Trennung von Schienen und Bahnbetrieb, um die Bildung von privaten, übernationalen Gesellschaften zu ermöglichen, die ihre Dienste auf den Schienennetzen mehrerer Länder anbieten zu können. Gegenstand besonderer Förderung durch die EU ist auch der kombinierte Verkehr, beispielsweise zwischen Schiene und Straße.

Die Europäische Union stellt sich der Herausforderung, dass bis zum Jahr 2010 die Verkehrsströme in der EU noch erheblich wachsen werden (der Güterverkehr um 38 Prozent, der Personenverkehr um 24 Prozent). Das Weißbuch der Europäischen Kommission "Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010 - Weichenstellungen für die Zukunft" stellt erstmals die Bedürfnisse der Benutzer in den Mittelpunkt ihrer Strategie und schlägt einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vor. Zunächst sollen bis 2010 durch die Politik der aktiven Wiederbelebung des umweltfreundlichen Schienenverkehrs, die Förderung von See- und Binnenschifffahrt und des Ausbaus des kombinierten Verkehrs (Schienen-, See- und Binnenschiffsverkehr) ausgewogenere Verkehrsträgeranteile erreicht werden. Die Vorschläge tragen zum Beispiel dem Umstand Rechnung, dass innerhalb von 30 Jahren der Anteil der Schiene am Güterverkehr von 21 Prozent auf nur noch 8 Prozent zurückgegangen ist, während im gleichen Zeitraum der Anteil der Straße am Güterverkehrsaufkommen von rund 30 Prozent auf rund 45 Prozent mit den entsprechenden, negativen Auswirkungen auf Sicherheit und Umwelt gestiegen ist. Es gilt auch hier, Wirtschaftswachstum und steigender Verkehr mit den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Sicherheit in Einklang zu bringen.

Straßenverkehr
Seit 1993 wurde der Marktzugang im Straßengüterverkehr schrittweise liberalisiert. Die Entwicklung fand mit der Freigabe der Kabotage ohne mengenmäßige Beschränkung am 1. Juli 1998 ihren Abschluss. Damit gibt es einen gemeinsamen Verkehrsmarkt, in dem die europäischen Transportunternehmen ihre Dienste frei anbieten können. Einheitliche Wettbewerbsbedingungen bilden den Rahmen des gemeinsamen Verkehrsmarktes. So müssen die Mitgliedstaaten bei der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren die Vorgaben der „Eurovignetten-Richtlinie" oder bei der Festlegung technischer Standards für Kraftfahrzeuge die Anforderungen der EG-Betriebserlaubnisrichtlinien einhalten.

Nach jahrelangen Diskussionen haben sich die EU-Verkehrsminister Anfang Dezember 1998 auf die Neufassung der „Eurovignetten-Richtlinie“ geeinigt. Vereinbart wurde, die Höchstsätze der zeitabhängigen Straßenbenutzungsgebühren für Lkw anzuheben und nach Emissionsverhalten zu staffeln. Die Vertragsstaaten des Eurovignetten-Verbundabkommens (Deutschland, Dänemark, Schweden und die Benelux-Staaten) werden das Ergebnis so schnell wie möglich umsetzen. Damit gelang der Einstieg in eine stärker ökologisch orientierte Verkehrspolitik.

Luftverkehr
Der Flugverkehr war in Europa lange Zeit stark reglementiert. Beförderungsrechte und Tarife mussten von den Staaten genehmigt werden. Nicht selten wurden so die einheimischen Fluggesellschaften vor zu starkem Konkurrenzdruck geschützt. Mit einem umfassenden Maßnahmenpaket wurde auch dieser Sektor liberalisiert. Preiskontrollen für Flugtarife und die Abmachung zwischen nationalen Fluggesellschaften, Einnahmen auf bestimmten Strecken aufzuteilen, wurden aufgehoben.

Einheitliche Anforderungen gelten für Betriebsgenehmigungen und im Bereich der Sicherheit. Inzwischen können ausländische Fluggesellschaften aus der EU Passagiere auch ausschließlich zwischen zwei inländischen Städten transportieren. Die Verbraucher profitieren vom stärkeren Wettbewerb der Anbieter durch niedrigere Preise beim Fliegen in Europa.

Eisenbahnverkehr
Um das ständig wachsende Verkehrsaufkommen zu bewältigen, setzt die Europäische Union verstärkt auf den Eisenbahnverkehr - vor allem auf langen Strecken. Dazu ist es notwendig, den seit langem bestehenden Rückstand der Eisenbahnen bei der Verwirklichung des Binnenmarktes abzubauen.

Im Gegensatz zu anderen Verkehrssektoren wird der Eisenbahnverkehr in der Regel von staatlichen Gesellschaften mit Monopolstellung betrieben. Um zu erreichen, dass Schienenunternehmen, wie die konkurrierenden Verkehrsträger den Kunden im grenzüberschreitenden Verkehr ein durchgehendes Angebot aus einer Hand unterbreiten können, muss der Zugang zu den Netzen der Eisenbahnen geöffnet werden. Ein erster Schritt auf diesem Weg wurde mittlerweile realisiert.

Neben der Netzöffnung sind die weitere technische Harmonisierung sowie die technische Harmonisierung der Eisenbahnsysteme dringend geboten. Sie tragen zur Erhöhung der Servicequalität und zur Senkung der Kosten bei. Durch die Schaffung frei zugänglicher Frachtkorridore, sogenannter „transeuropäischer Freeways", wollen die Bahnen den Güterverkehr erleichtern. Die ersten Frachtkorridore wurden im Frühjahr 1998 eröffnet.

Künftig soll auch der kombinierte Verkehr eine größere Rolle spielen. Er ermöglicht es, die Vorteile von Schiene und Straße miteinander zu verbinden und für den Güterverkehr zu nutzen. Beim Aufbau der Transeuropäischen Netze spielen Verkehrsprojekte des kombinierten Verkehrs eine besondere Rolle.

Verkehr und Umwelt
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wollen eine Strategie entwickeln, die darauf ausgerichtet ist, die Mobilitätschancen zu sichern und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Hochgeschwindigkeitszüge sollen dazu beitragen, dass sich ein Teil des Personenverkehrs von der Straße und der Luft auf die Schiene verlagert. Zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes kann vor allem die Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene beitragen. Die Schaffung eines umweltfreundlichen und nachhaltigen Transportsystems verlangt weitere Anstrengungen. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen auch künftig die schrittweise Verschärfung der Normen für Emissionen von Kraftfahrzeugen und die Entwicklung schneller und bequemer öffentlicher Verkehrsmittel. In Zukunft wird im Bereich „Verkehr“ auch das Verursacherprinzip stärker zum Tragen kommen.

Erweiterung
Im Verkehrssektor haben die neuen Mitgliedstaaten den gemeinschaftlichen Besitzstand übernommen. Der der gemeinsamen Verkehrspolitik zugrunde liegende Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes macht etwa 10 % des Besitzstandes insgesamt aus und weitere Rechtsakte sind in Vorbereitung. Neben dem Ausbau und der Modernisierung der Verkehrsinfrastrukturnetze, die mit dem Beitritt Teil des erweiterten transeuropäischen Verkehrsnetzes geworden sind, sind die folgenden Fragen im Verkehrsbereich von vorrangiger Bedeutung: im Straßenverkehr Technologie, Sicherheit und Umweltschutz sowie Marktzugang, steuer- und sozialrechtliche Fragen; in der Binnenschifffahrt Flottenkapazität; im Schienenverkehr Integration der Dienstleistungen der Eisenbahnunternehmen der EU und der MOEL sowie Verbesserung der Struktur und Finanzlage der Eisenbahnunternehmen der MOEL im Hinblick auf das Wirtschaften unter Marktbedingungen; im Luftverkehr Fragen des Marktzugangs, der Sicherheit und der Organisation der Infrastruktur; im Seeverkehr Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Bereich der Sicherheit.


EU und USA einigen sich auf Koexistenz ihrer Navigationssatelliten
Die Europäische Union und die USA wollen sich mit ihren Systemen zur Satellitennavigation keinen Konkurrenzkampf liefern. «Wir haben uns auf die Regeln des Zusammenlebens verständigt», sagte EU-Verhandlungsführer Heinz Hilbrecht im Februar 2004 in Brüssel. Der Durchbruch nach dreijährigen Verhandlungen war bereits am Vorabend bekannt gegeben worden.

Die privaten Anwender der Satellitennavigation - Autofahrer, Logistikunternehmer oder Wanderer -sollen sowohl das US-System GPS als auch das künftige europäische System Galileo gemeinsam nutzen können. Dies wird aber erst mit der neuen Generation der GPS-Satelliten möglich sein, die US-Verhandlungsführer Ralph Braibanti für den Zeitraum 2010 bis 2020 ankündigte. Galileo soll ab
2008 eingesetzt werden.

Die USA hatten die technologisch ihrem derzeitigen GPS-System überlegene Entwicklung von Galileo argwöhnisch betrachtet. Die Europäer verzichten aber nun darauf, die für kommerzielle Zwecke
vorgesehenen Signale in einen Bereich zu legen, der die für militärische Zwecke bestimmten Signale von GPS überlagert. Es seien Wege gefunden worden, auf andere Weise die gewünschte Qualität zu erreichen, versicherte der EU-Experte.

Die USA hätten ihrerseits anerkannt, dass auch die kommerzielle Nutzung vor Störung und Unterbrechung grundsätzlich geschützt werden müsse. In der Vergangenheit hatten die USA ihr GPS-System zeitweise aus militärischen Gründen abgeschaltet. Die EU war aber nicht bereit, den USA ein Abschaltrecht für Galileo zuzugestehen.