Die Kopenhagener Beitrittskriterien
Voraussetzung für den Start von Verhandlungen
"Jeder europäische Staat kann beantragen, Mitglied der Europäischen Union zu werden", heißt es im à Vertrag über die Europäische Union. Eine offizielle Begriffsbestimmung des Wortes "europäisch" gibt es nicht. Der Ausdruck umfasst geographische, historische und kulturelle Elemente, die die europäische Identität ausmachen. Auch die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft werden im Vertrag nicht näher erläutert. Einzelne Bedingungen lassen sich allerdings der Präambel und Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union entnehmen (Bekenntnis zu den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten und der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit).
Der Europäische Rat von Kopenhagen vom 21. und 22. Juni 1993 hat mit Blick auf die Beitrittswünsche der mittel- und osteuropäischen Länder Voraussetzungen für eine EU-Mitgliedschaft formuliert, die für alle an einem Beitritt interessierten europäischen Staaten gelten:
"Als Voraussetzung für die Mitgliedschaft muss der Beitrittskandidat eine institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten verwirklicht haben; sie erfordert ferner eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten. Die Mitgliedschaft setzt ferner voraus, dass die einzelnen Beitrittskandidaten die aus einer Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen übernehmen und sich auch die Ziele der Politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu Eigen machen können."
Neue Mitgliedstaaten müssen mit ihrem Beitritt das gesamte rechtliche Regelungsgefüge der EU übernehmen. Immer wenn die Anwendung des Unionsrechts zu schweren Problemen in den neuen oder auch den alten Mitgliedstaaten führen würde, können Übergangsregelungen vereinbart werden. Sie werden in Beitrittsverhandlungen erarbeitet, die in der Regel einige Jahre dauern.
Jede einzelne Regierung hat große Möglichkeiten, die Erweiterung der Europäischen Union um neue Mitglieder zu blockieren. Über die Erweiterung wird in "Regierungsverhandlungen" gesprochen: Das bedeutet, dass bei allen Etappen die Zustimmung aller Regierungen nötig ist. Das gilt sowohl für den Beginn als auch für den Abschluss der Gespräche. Die Verhandlungen sind in 35 Themenbereiche (Kapitel) unterteilt, die jeweils durch einstimmige Entscheidungen der EU-Mitglieder eröffnet oder geschlossen (erledigt) werden.