Bachelor- und Masterstudiengang in Deutschland
Bologna und die Folgen
Ich möchte nach dem Abitur Eventmanagement studieren, aber weiß noch nicht so genau, wo ich studieren soll. Ich habe von einem neuen Kurzstudium in Deutschland gehört, dass sich Bachelor nennt. Was für ein Studiengang ist das und kann man in so kurzer Studienzeit auch ein Auslandssemester machen?
1999 in Bologna hatte die Europäische Rektorenkonferenz beschlossen, Studiengänge nach dem anglo-amerikanischen Modell einzuführen, um so einen einheitlichen europäischen Hochschulraum herzustellen. Die Möglichkeit eines Bachelor- und Masterstudiengangs wurde im Hochschulrahmengesetz und in den Hochschulgesetzen verankert und seitdem werden mehr und mehr solche Studiengänge eingerichtet.
Gerade im Bereich Eventmanagement hat sich der Bachelor bereits durchgesetzt. Insbesondere in der Musikindustrie zeichnet sich ein starker Trend zum Live-Event ab. Denn durch häufig illegale Musikdownloads und Video-Portale haben User fast unbeschränkten Zugriff auf Musikprodukte. Konzerte und Veranstaltungen jedoch sind für Künstler immer noch lukrativ. Und immer mehr Musikfans wollen Künstler Live erleben - und damit natürlich steigt die Nachfrage nach Events an.
Die neuen Studiengänge
Zunächst sind Bachelor und Master Hochschulabschlüsse, genau wie das Diplom. Allerdings handelt es sich bei diesen Abschlüssen um sogenannte konsekutive, d. h. aufeinander aufbauende Studiengänge. Während das Diplom in der Regel neun bis zehn Semester plus Diplomarbeit dauert, braucht man für den Bachelor nur sechs Semester, kann dann aber – vorausgesetzt, die Noten sind gut genug – noch den Master hinterher machen. Dieser dauert meistens drei Semester plus "master thesis", die mit einer Diplomarbeit vergleichbar ist. Damit braucht man für den Master insgesamt genauso lange wie für das Diplom.
Dabei soll der Bachelor prinzipiell praktischer ("berufsqualifizierend"), der Master theoretischer (auf eine Hochschullaufbahn vorbereitend) sein. Wie der Bachelor in deinem Fach genau aussieht, erfährst du in der Regel aus der Studienordnung, die es zu jedem Fach an der Hochschule gibt. Eines ist aber allen Bachelor-Studiengängen an den Universitäten gemeinsam: Während des Grundstudiums sind die Studiengänge durchlässig. Das heißt, man kann in den ersten beiden Semestern – und oft noch länger – ohne Zeitverlust zwischen Diplom und Bachelor wechseln.
Vorteile des Bachelor
Eingeführt wurde der Bachelor ursprünglich mit der Begründung, daß das deutsche Diplom im Ausland zu unbekannt ist, im Gegensatz zu Bachelor und Master, die es (fast) überall gibt. Er soll also das Studium "internationalisieren", damit die Hochschulabschlüsse aller Länder der Welt vergleichbar werden
Für den Fall, daß du dir überlegst, vielleicht einen Auslandsaufenthalt während deines Studiums dazwischenzuschieben, kann es sinnvoll sein, z. B. den Bachelor in Deutschland und den Master im Ausland zu machen. Aber auch wenn du "nur" den Bachelor machst, ist ein Auslandsstudium durchaus sinnvoll. Damit die Studienleistungen, die du im Ausland erwirbst, auch an deiner Heimatuni anerkannt werden, hat man beschlossen, das ECTS (das European Credit Transfer System) für den Studiengang verbindlich zu machen. Wie weit das allerdings schon an deiner Universität umgesetzt worden ist, musst du dort erfragen.
Auch in bestimmten Fachrichtungen kann es – wenn auch aus anderen Gründen – sinnvoll sein, einen Bachelor als Abschluß zu machen: Wer zum Beispiel schon vor oder während des Studiums einen "sicheren" Job hat und nur noch zu Karrierezwecken einen Hochschulabschluß machen will, sollte sich auch überlegen, ob ein Bachelorstudium vielleicht sinnvoll ist. Allerdings kann es dann beim Jobwechsel zu Problemen kommen, falls der neue Arbeitgeber lieber Leute mit Diplomzeugnis einstellt.
Probleme bei der Anerkennung
Noch aber gibt es einige Probleme mit der Anerkennung des Abschlusses - sowohl in Deutschland als auch international. Selbst innerhalb eines Landes, zum Beispiel Großbritannien, sind die Bachelors der verschiedenen Hochschulen nicht vergleichbar. Dort muß man zu jedem Bachelor dazu sagen, wo man ihn gemacht hat, wie lange man dafür studiert hat und was für Anforderungen gestellt wurden. Deshalb wird auch in Deutschland der Name "Bachelor" allein keine internationale Anerkennung des Abschlusses garantieren.
Ein viel größeres Problem ist aber die Anerkennung in Deutschland: Die Firmen hier wissen, was das Diplom bedeutet, sie kennen den Unterschied zwischen Universität und Fachhochschule, d. h. sie wissen, daß Universitäten theoretischer und Fachhochschulen praktischer ausbilden. Den deutschen Bachelor dagegen kennt auch in Deutschland noch kaum jemand. Doch da dies bei neu eingeführten Ausbildungen oft in der Einführungsphase der Fall ist, wird sich die Situation sicher bald ändern.
Der Wechsel vom Bachelor zum Diplom ist an den Universitäten in den ersten beiden Semestern noch problemlos möglich. Wer jedoch mit dem Gedanken spielt, einen Bachelor zu machen, weil dieser "berufsqualifizierend" und praktisch ausgerichtet sein soll, sollte besser nochmal darüber nachdenken, ob er nicht besser an einer Fachochschule studieren sollte.
Der geschichtliche Hintergrund
Im Mai 1998 unterzeichneten die Bildungsminister von Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland in der Sorbonne in Paris die sogenannte Sorbonne-Erklärung zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für die Europäischen Bildungssysteme. Andere europäische Länder schlossen sich der Erklärung an.
Die Sorbonne-Erklärung will vor allem folgendes erreichen:
- zunehmende Annäherung der allgemeinen Rahmenbedingungen für Studiengänge und -abschlüsse innerhalb eines offenen europäischen Hochschulraumes;
- Schaffung eines gemeinsamen Systems für Studienabschlüsse (Bachelor-Grad bzw. Master- und Doktor-Grad);
- Steigerung und Erleichterung der Mobilität von Studierenden und Lehrenden (Studierende sollten mindestens ein Semester im Ausland verbringen);
- Abbau von Mobilitätshemmnissen und
- Verbesserung der Anerkennung von akademischen Abschlüssen und Leistungen.
Im Juni 1999 unterzeichneten 29 europäische Bildungsminister die Bologna-Erklärung zur Schaffung eines europäischen Hochschulraums bis zum Jahre 2010 und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas als Bildungsstandort weltweit. Die Minister bekräftigten in der Bologna-Erklärung ihre Absicht, folgende Punkte umzusetzen:
- die Schaffung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse
- die Schaffung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen (undergraduate/graduate)
- die Einführung eines Leistungspunktesystems (nach dem ECTS-Modell)
- die Förderung der Mobilität durch Beseitigung von Mobilitätshemmnissen
- die Förderung der europäischen Zusammenarbeit durch Qualitätssicherung
- die Förderung der europäischen Dimension in der Hochschulausbildung.
Liste der Hochschulen in Deutschland.