Europäische Regeln für die Arbeitszeit
Wie regelt die Europäische Union die Arbeitszeiten?
Die vorgesehene Höchstarbeitszeit in der Europäischen Union liegt bei 48 Stunden in der Woche. Auch für Ruhezeiten und Urlaub gibt es gemeinsame Bestimmungen. Damit wird die Zeit, in der ein Arbeitnehmer „arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt", geregelt. So formuliert es die grundlegende Richtlinie 2003/88/EG.
Die Mitgliedstaaten der Union können eigene Gesetze erlassen, müssen sich aber innerhalb des Rahmens bewegen, den die EU vorgibt. Das bedeutet:
- dass einem Arbeitnehmer je 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden zusteht
- nach sechs Stunden eine Pause gewährt werden muss
- je Siebentageszeitraum ein freier Tag (genau 24 Stunden) vorgesehen ist
- die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschritten wird
- ein bezahlter Mindestjahresurlaub von vier Wochen gewährt wird
Arbeitgeber haben die Möglichkeit, von diesen Vorgaben abzuweichen. Es darf länger als sieben Tage am Stück gearbeitet werden, wenn der Ausgleich innerhalb von zwei Wochen stattfindet. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer in einem Zwei-Wochen Zeitraum Anspruch auf mindestens zwei freie Tage hat. Der freie Tag wird zuzüglich der elfstündigen Ruhezeit berechnet. Wer zum Beispiel bis 18 Uhr arbeitet, hat zunächst Anspruch auf elf Stunden Ruhezeit. Der freie Tag von 24 Stunden Dauer wird erst nach Ablauf dieser Ruhezeit berechnet.
Vorübergehende Ausnahmen von den oben genannten Regeln sind auch bei der wöchentlichen Höchstarbeitszeit zulässig. Im Durchschnitt darf die 48-Stunden Grenze aber nicht überschritten werden. Der Ausgleich muss innerhalb von vier Monaten erfolgen.
Einen Sonderfall bildet die Nachtarbeit. Sie soll im Durchschnitt nicht länger als acht Stunden je 24-Stunden-Zeitraum dauern. Die Mitgliedstaaten der EU können die Details der Nachtarbeitsregelung selber festlegen. Das deutsche Arbeitszeitgesetz sieht vor, dass Nachtarbeit ausnahmsweise auch zehn Stunden-Schichten enthalten darf. Innerhalb von vier Wochen muss der Durchschnittswert von acht Stunden aber wieder erreicht sein.
Besondere Arbeitszeitregelungen sind für bestimmte Berufsgruppen vorgesehen. Nach der EU-Richtlinie betrifft das:
- Arbeitnehmer, die in Verkehrsmitteln tätig sind oder auf Offshore-Anlagen arbeiten
- Wach- und Schließdienste, bei denen es darum geht, den Schutz von Sachen oder Personen zu gewährleisten
- Tätigkeiten, die nicht aufgeschoben werden können, z. B. Pflegedienste von Krankenhäusern, landwirtschaftliche Tätigkeiten oder Presse- und Informationsdienste
- Arbeitnehmer bei vorhersehbarem übermäßigem Arbeitsanfalls, insbesondere in der Landwirtschaft, im Fremdenverkehr oder im Postdienst, sowie bei der Eisenbahn
Wenn Ausgleichsruhezeiten gewährt werden, können Tarifverträge auch für andere Gruppen Ausnahmen vorsehen. Allerdings darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dadurch nicht mehr als 48 Stunden betragen. Der Tarifvertrag muss bestimmen, in welchem Zeitraum der Durchschnittswert erreicht werden muss. Das ist spätestens nach zwölf Monaten der Fall. Zudem können Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren, mehr als 48 Stunden je Woche zu arbeiten. Aber nur auf freiwilliger Basis: wer ablehnt, darf deshalb keine Nachteile haben. Der Arbeitgeber muss die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden darüber informieren, welche Arbeitnehmer zugestimmt haben.
Weitere Ausnahmen der Arbeitszeitrichtlinie betreffen besondere Berufsgruppen:
- Arbeitnehmer, die in Verkehrsmitteln oder auf Offshore-Anlagen arbeiten. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit kann innerhalb von zwölf Monaten ausgeglichen werden.
- Fischerei: Die Bestimmungen für die tägliche Ruhezeit, wöchentliche Höchstarbeitszeit und Nachtarbeit gelten nicht für Arbeitnehmer an Bord von seegehenden Fischereifahrzeugen. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf jedoch 48 Stunden während eines Bezugszeitraums von einem Jahr nicht übersteigen. Die Höchstarbeitszeit beträgt 14 Stunden im Zeitraum von 24 Stunden und 72 Stunden in der Woche. Die Mindestruhezeit darf zehn Stunden täglich und 77 Stunden wöchentlich nicht unterschreiten. Die zeitlichen Beschränkungen für diese beiden Bereiche werden durch einzelstaatliches Recht, Tarifverträge oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern geregelt. Spätestens im Jahr 2009 überprüft die Kommission die Durchführung der Bestimmungen in diesem Sektor.
- Ärzte in der Ausbildung: Für Ärzte in der Ausbildung wurde eine Übergangszeit von fünf Jahren bis 1. August 2009 festgelegt. Seit 2007 ist ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf 56 Stunden beschränkt. Nach der Übergangszeit soll die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche nicht mehr überschritten werden.
Die Arbeitszeitrichtlinie war seit ihrem Inkrafttreten 2003 umstritten. Bereits kurz darauf wurde der Ruf nach Änderungen laut. Insbesondere die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden je Woche zog Kritik auf sich. Auch die kurzen Fristen, innerhalb derer die Arbeitszeit ausgeglichen werden muss, gefiel nicht allen Regierungen. Die Suche nach einem Kompromiss zog sich bis 2008 hin. Erst im Juni 2008 einigten sich die Arbeits- und Sozialminister der EU bei einem Treffen in Luxemburg auf die Grundzüge einer neuen Richtlinie.
Die Höchstarbeitszeit je Woche bleibt weiterhin bei 48 Stunden. Ausnahmen sind in zwei Fällen möglich. Erstens über die „Opt-Out"-Regelung, derzufolge Mitarbeiter freiwillig mehr als 48 Stunden arbeiten können. Mitgliedstaaten können die „Opt-Out"-Regel in eigenen Gesetzen erlauben. Diese müssen aber bestimmen, dass ein Ausgleich innerhalb von sechs Monaten stattfindet. Die zweite Ausnahmemöglichkeit führt über Tarifverträge oder Gesetze, zu denen die Sozialpartner angehört wurden. Dann ist es erlaubt, den Ausgleichszeitraum auf 12 Monate zu verlängern. Wenn gleichzeitig die Opt-Out-Regel eingeräumt wird, muss der Ausgleich aber innerhalb von sechs Monaten stattfinden.
Die neue EU-Richtlinie wird mehr Flexibilität bei den Ausgleichszeiträumen erlauben. Von den Bestimmungen zu Ruhezeiten und Nachtarbeit darf abgewichen werden wenn Ausgleichsruhezeiten in „angemessener Frist" gewährt werden. Wann die neue Arbeitszeitrichtlinie in Kraft tritt, steht noch nicht fest. Über das weitere Gesetzgebungsverfahren informiert der pre-Lex-Dienst der Europäischen Kommission .