Grenzüberschreitender Gewerbeschein
Noch gibt es keinen "europäischen Gewerbeschein"
Ich verkaufe bei Pop-Konzerten Getränke. Als ich einige Stunden vor Beginn eines Konzerts in Frankreich meinen Stand aufstellen wollte, verbot mir eine französische Polizeistreife den Verkauf. Die Begründung: Mein deutscher Reisegewerbeschein sei in Frankreich nicht gültig. Was hat das mit Binnenmarkt zu tun?
EU-Bürger aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union dürfen bei Aufnahme und Ausübung eines Gewerbes nicht gegenüber Bürgern des eigenen Landes benachteiligt werden. Dieses "Diskriminierungs-Verbot" ist eines der Kernelemente des EU-Rechts. Natürlich gilt es auch für Sie: Die französischen Behörden dürfen Ihnen die Ausübung Ihres Reisegewerbes nicht verbieten, nur weil Sie Deutscher sind oder in Deutschland wohnen.
Allerdings können die französischen Behörden eine Gewerbeanmeldung oder die Registrierung beim Finanzamt verlangen. Für Sie gelten dabei die gleichen Regeln wie für Ihre französischen Kollegen. Ihren deutschen Reisegewerbeschein müssen die französischen Behörden aber nicht anerkennen! Solange es keinen "europäischen Reisegewerbeschein" und auch keine Regeln zur gegenseitigen Anerkennung solcher Gewerbescheine gibt, führt für Sie kein Weg an der Anmeldung in Frankreich vorbei.
Um in Frankreich eine Reisegewerbekarte zu erhalten, müssen Sie sich zunächst an das "Centre des Formalités d'Entreprises" (CFE) bei der örtlichen Handelskammer wenden. Es meldet Sie beim Finanzamt an und stellt Ihnen eine "Déclaration de début d'activités" aus. Bei der zuständigen Präfektur können Sie dann einen vorläufigen Reisegewerbeschein beantragen, der einen Monat in ganz Frankreich gültig ist. Die Geltungsdauer kann zweimal verlängert werden. Wenn Sie über einen längeren Zeitraum in Frankreich arbeiten wollen, erhalten Sie eine "Carte professionelle", die zwei Jahre gilt. Bei den Formalitäten hilft Ihnen die CFE.
Im Ergebnis ist das für Sie sehr unbefriedigend: Wenn Sie eine Konzertreise durch Europa begleiten wollten, müßten Sie sich in jedem Land um einen neuen Reisegewerbeschein bemühen. In der Praxis ist das unmöglich. Damit kann in Ihrem Gewerbe von Europäischem Binnenmarkt keine Rede sein.
Dies wird auch vom Bundesverband Deutscher Schausteller und Marktkaufleute als Verstoß gegen die Regeln des freien Dienstleistungsverkehrs im europäischen Binnenmarkt scharf kritisiert. Immerhin befaßt sich zur Zeit der Bund-Länder-Ausschuss "Gewerberecht" mit dem Problem. Angestrebt wird dabei die bilaterale gegenseitige Anerkennung der Reisegewerbescheine - zumindest im Dienstleistungsverkehr mit einigen Nachbarländern der Bundesrepublik. Auf EU-Ebene ist dagegen noch keine Lösung in Sicht.