Deutsch-Französische Erzieherin
Die nationalen Ausbildungsvorschriften sehr unterschiedlich
Wir sind ein Verein, der in Hannover eine deutsch-französische Kindertagesstätte betreibt. Unser Ziel ist es, Kindern Sprachkenntnisse zu vermitteln, aber auch eine andere Kultur näher zu bringen. Die Erzieherinnen sprechen und singen mit den Kindern nur Französisch. Unser Versuch, eine muttersprachliche Erzieherinnen in der Kindertagesstätte anzustellen, scheiterte bisher am Widerstand des Landes Niedersachsen. Die französische Ausbildung zur „Institutrice“ sei wegen eines anderen pädagogischen Konzeptes nicht mit der deutschen Ausbildung zur Erzieherin vergleichbar. Wie kann ein Bundesland so einfach die Anerkennung eines Berufsabschlusses verweigern?
Ein Diplom aus einem anderen EU-Staat wird in Deutschland grundsätzlich anerkannt, wenn es im Heimatland zur Ausübung eines bestimmten Berufs berechtigt, und die dort absolvierte Ausbildung nicht wesentlich anders verläuft als hier. Diese europäische Regelung, die die Anerkennung der Diplome in vielen Berufen sehr erleichtert, bringt bei Erzieherinnen besondere Probleme mit sich. Denn die deutsche Ausbildung zur Erzieherin dauert vier Jahre und ist besonders umfassend. Der Abschluß berechtigt zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 1 bis zu 18 Jahren – vom Kindergarten bis zur Jugendarbeit.
Der Ausbildungsbereich Jugend- und Freizeitarbeit fehlt hingegen im Lehrplan einer französischen „Institutrice“. Einem dreijährigen Studium folgen ein oder zwei Studienjahre an einem „Institut Universitaire de Formation des Maîtres“. Mit dem erfolgreichen Abschluß wird man „Professeur des écoles“ und hat die Lehrbefugnis für den Elementar- und Grundschulbereich.
Das zeigt die stark schulischen Ausrichtung der französischen Vorschule. Der Besuch einer „École maternelle“, des Kindergartens, ist in Frankreich für Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren möglich. Fast 99 Prozent der Dreijährigen nehmen heute dort an der Vorschulerziehung teil.
Obwohl eine französische Erzieherin in Vorschule und Grundschule unterrichten darf, fehlt ihr ein wichtiger Teilbereich der deutschen Erzieher-Ausbildung: Die Befähigung zur Betreuung auch älterer Jugendlicher. Besondere Regelungen ermöglichen in einigen Bundesländern dennoch die Arbeitsaufnahme: Nach einem Katalog des Instituts für Frühpädagogik, das im Auftrag des bayrischen Kultusministeriums die Gleichwertigkeit von europäischen Ausbildungsgängen überprüft, kann eine französische „Institutrice“ eine Berufserlaubnis für den Teilbereich Kindergarten erhalten. In anderen Bundesländern – darunter auch Niedersachsen - plant man, die Berufsausübung über eine schulische Überprüfung des Kenntnisstandes der Erzieherin zu ermöglichen.
Leider heißt das auch: Einen Rechtsanspruch auf die direkte Anerkennung ihres Diplomes hat eine französische Institutrice in Deutschland nicht. Über das konkrete Anerkennungsverfahren muß vielmehr das Kultusministerium des betroffenen Bundeslandes entscheiden. Langfristig könnte nur eine Harmonisierung der Ausbildungsinhalte das Problem der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Erziehern lösen. Eine entsprechende Anstrengung der EU-Mitgliedstaaten ist aber nicht in Sicht.
Info:
Die Kultusministerien der Länder sowie die Landesjugendämter.