Beschäftigung
Die Erwerbslosigkeit ist das drängendste Problem
Geringes Wirtschaftswachstum, demografischer Wandel, Finanzierbarkeit der Sozialsysteme und der Übergang zu einer modernen Informations- und Wissensgesellschaft: Die gegenwärtigen Probleme und Herausforderungen sind in ganz Europa ähnlich. Die Globalisierung erhöht den Konkurrenzdruck an den Weltmärkten.Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit steht ganz oben auf der EU-Prioritätenliste. Zwar ist jeder Mitgliedsstaat selbst für seine Beschäftigungspolitik zuständig. Er richtet diese aber an einer koordinierten Beschäftigungsstrategie auf Gemeinschaftsebene aus. Außerdem ist das Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus ausdrücklich als eines der Hauptziele der Politik der Union festgeschrieben. Das Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus ist ausdrücklich als eines der Hauptziele der Politik der Union festgeschrieben.
Ziel der im Jahr 2000 beschlossenen Lissabon-Strategie: Europa soll 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden.
Die Halbzeitbilanz des Europäischen Rates vom März 2005 legt den Schwerpunkt der Lissabon-Strategie ganz im Sinne der deutschen Europapolitik auf Wachstum und Beschäftigung. Die Kernziele der angespassten Lissabon-Strategie sind:
- Investitionen in den Bereichen Forschung, Bildung und Innovation: Die Mitgliedsstaaten setzten sich das Ziel, künftig drei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in diese Bereiche zu investieren.
- Die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte: Die Sozialsysteme sollen mehr Anreize für Beschäftigung bieten.
- Die Dienstleistungsmärkte: Sollen mit soziales Augenmaß geöffnet werden.
- Bürokratie : Die Mitgliedsstaaten und die EU bauen unnötige Vorschriften ab.
- Umweltschutz :Wirtschaftswachstum und Umweltschutz sollen in Einklang gebacht werden.
Eine konkrete Förderung von Beschäftigung erreicht die EU durch die und durch den Europäischen Sozialfonds (ESF). In der Strukturpolitik werden unterentwickelte Gebiete in Europa gezielt unterstützt, um sie an das Wohlstandsniveau der gut entwickelten Regionen heranzuführen. Davon profitierten unter anderen auch die neuen Bundesländer. Der ESF fördert insbesondere die Qualifikation der Menschen. Fördermittel kommen daher der Modernisierung von Unterrichts-, Ausbildungs- und Beschäftigungssystemen zugute. Für den Zeitraum 2000 bis 2006 stellte der ESF 60 Milliarden Euro zur Verfügung.
Vertrag von Amsterdam: Beschäftigung hat Prioriät
Bereits 1993 entwickelte die Europäische Kommission in ihrem Weißbuch „Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ eine Strategie für dauerhaftes Wachstum in der ›Europäischen Union.
Der Europäische Rat von Essen setzte im Dezember 1994 die Ideen des Weißbuchs um und entwarf eine aktive Beschäftigungsstrategie für Europa: Qualifikation und Weiterbildung, die Senkung der Lohnnebenkosten, eine flexiblere Arbeitsorganisation, eine aktivere Arbeitsmarktpolitik und besondere Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche sollten die Schlüssel zum Weg aus der Beschäftigungskrise sein.
Der Vertrag von Amsterdam markiert einen Neuanfang in der Beschäftigungspolitik. Zwar bleibt auch weiterhin jeder Mitgliedstaat selbst für seine Beschäftigungspolitik zuständig. Er richtet diese aber an einer koordinierten Beschäftigungsstrategie auf Gemeinschaftsebene aus. Außerdem ist das Ziel eines „hohen Beschäftigungsniveaus“ ausdrücklich als eines der Hauptziele der Politik der Union festgeschrieben.
Der Vertrag schafft eine Reihe von Instrumentarien, mit denen die neue europäische Beschäftigungsstrategie umgesetzt werden soll. So werden die Staats- und Regierungschefs künftig jährlich eine Bilanz der Beschäftigungslage in Europa ziehen. Der EU-Ministerrat wird Leitlinien zur Beschäftigungspolitik festlegen, an denen sich alle Mitgliedstaaten orientieren. Die Umsetzung der Leitlinien wird vom Rat jährlich geprüft. Er kann auch Empfehlungen an die Mitgliedstaaten aussprechen. Schließlich erstellen Rat und Kommission jedes Jahr einen gemeinsamen Bericht zur Beschäftigungslage in Europa. Die Prüfung dieser Beschäftigungslage auf europäischer Ebene wird von einem Beschäftigungsausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Die koordinierte Beschäftigungsstrategie soll dazu beitragen, dem Arbeitsmarkt Impulse zu geben.
Luxemburger Beschäftigungsgipfel
Im November 1997 fand in Luxemburg ein europäischer Sondergipfel zum Thema Beschäftigungspolitik statt. Seine Aufgabe war es, die zentralen Botschaften von Amsterdam zu konkretisieren und umzusetzen. Dabei einigten sich die Mitgliedstaaten auf beschäftigungspolitische Leitlinien. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wollen sich künftig in vier Schwerpunktbereichen an gemeinsamen Zielen orientieren.
Beschäftigung: Ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit. Alle Jugendlichen unter 25 Jahren sollen künftig in den Genuss eines Arbeitsplatzes, einer Ausbildung oder einer sonstigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gelangen. Kein Jugendlicher soll länger als sechs Monate arbeitslos bleiben. Langzeitarbeitslose sollen nach spätestens einem Jahr eine neue Beschäftigungschance erhalten. Diese Zielvorgabe wollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in spätestens fünf Jahren verwirklichen. Mindestens 20 Prozent der Arbeitslosen sollen durch Arbeitsbeschaffungs- oder andere aktive Fördermaßnahmen unterstützt werden.
Kleine und mittlere Unternehmen: Zwei Drittel aller Arbeitnehmer in der EU arbeiten in Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Hier werden die meisten neuen Arbeitsplätze geschaffen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wollen deshalb die Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen verbessern. So sollen die ›Steuern und Abgaben gesenkt und die Steuersysteme beschäftigungsfreundlich gestaltet werden.
Flexible Arbeitsmärkte: Die starren Arbeitsmodelle der Vergangenheit haben sich als zu inflexibel erwiesen, um in Zeiten des erhöhten Wettbewerbsdrucks Beschäftigung sichern zu können. Die Staats- und Regierungschefs haben deshalb die Sozialpartner aufgerufen, Vereinbarungen zur Modernisierung und Flexibilisierung der Arbeitsorganisation zu treffen - etwa zur Reduzierung von Überstunden, zum Ausbau der Teilzeitarbeit oder in bezug auf die lebenslange Weiterbildung.
Chancengleichheit: Noch immer sind Frauen gegenüber Männern auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Sie sind überdurchschnittlich oft arbeitslos und in vielen Tätigkeitsbereichen und Berufen unterrepräsentiert.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich deshalb verpflichtet, aktiv für ein hohes Beschäftigungsniveau von Frauen einzutreten. Um Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren zu können, wollen die EU-Staaten das Angebot an Betreuungseinrichtungen für Kinder verbessern. Auch die Rückkehr in den Beruf nach der Familienpause soll erleichtert werden. Ein weiteres wichtiges gemeinsames Ziel ist die Integration Behinderter in den europäischen Arbeitsmarkt.
Diese Leitlinien werden von den Mitgliedstaaten in nationale beschäftigungspolitische Aktionspläne eingefügt, konkretisiert und anschließend in einzelstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften umgesetzt.
Der Kölner Beschäftigungspakt
Ein Schwerpunkt des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union im Juni 1999 in Köln war das Thema Beschäftigung. Der Europäische Rat beschloss zum nachhaltigen Abbau der Arbeitslosigkeit einen umfassenden Beschäftigungspakt. Im Rahmen dieses Beschäftigungspaktes werden alle beschäftigungspolitischen Maßnahmen der ›Europäischen Union in ein umfassendes Gesamtkonzept eingebunden. Der Europäische Beschäftigungspakt stützt sich auf drei Säulen.
- Erste Säule: Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik und Verbesserung des wechselseitigen Zusammenwirkens von Lohnentwicklung sowie Geld-, Haushalts- und Finanzpolitik („Köln-Prozess“). Ziel ist eine nachhaltige und nicht-inflationäre Wachstumsdynamik. Zu diesem Zweck wird ein „makroökonomischer Dialog“ zwischen den Vertretern der europäischen Institutionen, der Europäischen Zentralbank und den Sozialpartnern angestrebt. Zweite Säule: Die Weiterentwicklung der koordinierten Beschäftigungsstrategie zur Verbesserung der Effizienz der Arbeitsmärkte („Luxemburg-Prozess“).
- Dritte Säule: Strukturelle Reformen zur Verbesserung der Innovationsfähigkeit und Effizienz der Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalmärkte („Cardiff-Prozess“).
Der Europäische Rat 2000 in Lissabon beschloss, Europa bis zum Jahre 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen - einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es einer globalen Strategie, in deren Rahmen
- die Informationsgesellschaft, Forschung und Entwicklung sowie Strukturreformen im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu fördern sind,
- das europäische Gesellschaftsmodell zu modernisieren, in die Menschen zu investieren und die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen ist;
- für anhaltende gute wirtschaftliche Perspektiven und günstige Wachstumsaussichten Sorge zu tragen ist, indem nach einem geeigneten makroökonomischen Policy-Mix verfahren wird.
Diese Strategie soll die Union in die Lage versetzen, wieder die Voraussetzungen für Vollbeschäftigung zu schaffen und den regionalen Zusammenhalt in der Europäischen Union zu stärken. Der Europäische Rat muss in einer sich herausbildenden neuen Gesellschaft mit besseren individuellen Wahlmöglichkeiten für Frauen und Männer ein Ziel für Vollbeschäftigung in Europa setzen. Im einzelnen wurde beschlossen:
- Es gilt durch eine entsprechende Politik, europäische Forschung und Entwicklung in die Weltspitze zu führen. Europa muss ein einheitlicher Forschungsraum werden, um für Spitzenforscher attraktiv zu werden.
- Es wird ein europäisches Patent eingeführt.
- Die Wirtschaftsreformen in Europa müssen fortgesetzt werden. Hierzu gehören unter anderem die Liberalisierung auf den Strom-, Gas und Telekommunikationsmärkten.
- Die Konsolidierung der Staatsfinanzen und Steuersenkungen schaffen die Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze.
Außerdem soll der gemeinsame Aktionsplan "eEurope" vor allem das Internet und die Computertechnik als Motoren für Wirtschaftswachstum fördern. Unternehmen und Bürgern muss es danach möglich sein, kostengünstige Kommunikationstechnologien und eine breite Palette von elektronischen Dienstleistungen zu nutzen. Dies setzt voraus, dass jeder Bürger die erforderlichen Kenntnisse erlernen kann, die für das Leben und die Arbeit in einer Informationsgesellschaft wichtig sind. Kernpunkte des in Lissabon beschlossenen Konzepts sind:
- Förderung der Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen, insbesondere auch im elektronischen Handel,
- Internetanschlüsse für alle Schulen,
- eine Bildungsoffensive.
Auch wenn der Arbeitsmarkt vor erheblichen Herausforderungen steht, hat die Europäische Beschäftigungsstrategie gewisse Erfolge verzeichnen können. Die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten für mehr Beschäftigung hat sich deutlich verbessert. Die Staaten sind nun besser in der Lage, ihre Politiken zu koordinieren, Leistungen zu vergleichen und erfolgreiche Modelle zu übernehmen.
Eine konkrete Förderung von Beschäftigung erreicht die EU durch die Strukturpolitik und durch den Europäischen Sozialfonds (ESF). In der Strukturpolitik werden unterentwickelte Gebiete in Europa gezielt unterstützt, um sie an das Wohlstandsniveau der gut entwickelten Regionen heranzuführen. Davon profitierten unter anderen auch die neuen Bundesländer. Der ESF fördert insbesondere die Qualifikation der Menschen. Fördermittel kommen daher der Modernisierung von Unterrichts-, Ausbildungs- und Beschäftigungssystemen zugute. Für den Zeitraum 2000 bis 2006 stellt der ESF 60 Millirden Euro zur Verfügung.
Jedes Frühjahr ziehen die Staats- und Regierungschefs die Bilanz des Lissabon-Prozesses. Auf dem Gipfel im März 2004 in Brüssel überwog die Selbstkritik:
Die EU stehe im scharfen internationalen Wettbewerb mit Asien und Amerika. Diese Globalisierung der Wirtschaft zwinge die 25 Mitgliedstaaten zu tief greifenden sozialen und wirtschaftlichen Reformen. Eckpfeiler der Strategie, Europas Volkswirtschaften zu einem starken Binnenmarkt zu verschweißen, seien unter anderem: der Ausbau moderner elektronischen Kommunikationstechniken, die Schaffung eines europäischen Forschungsraums, die Förderung von Investitionen durch den Abbau von Bürokratie, die Modernisierung des Wohlfahrtsstaates, das lebenslange Lernen. Die EU-Kommission bescheinigte den Mitgliedstaaten erhebliche Defizite bei der Umsetzung der nötigen Maßnahmen. Sollten den Worten nicht bald Taten folgen, werde die EU ihr Ziel verfehlen.
Eine Expertengruppe unter Leitung des ehemaligen niederländischen Regierungschefs Wim Kok legteeine erste, enttäuschende Zwischenbilanz vorgelegt. Danach klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Die Globalisierung zwingt die 27 EU-Mitgliedstaaten zu tief greifenden Reformen. Schon in der Lissaboner Abschlusserklärung waren die Schwächen aufgelistet, die Wirtschaftswachstum bremsen: restriktiver Arbeitsmarkt, ein schwacher Dienstleistungssektor, mangelhafte Ausbildung, überforderte Sozialsysteme, zu geringe Ausgaben für Wissenschaft und Forschung. Diese Probleme sind weiter aktueller denn je.
Ein Neubeginn für die Strategie von Lissabon (2005)
Die Halbzeitbilanz der Lissabon-Strategie und insbesondere die Ergebnisse der beschäftigungspolitischen Maßnahmen fallen uneinheitlich aus. Um der Strategie neue Schwungkraft zu verleihen, schlägt die Kommission eine Vereinfachung des Koordinationsverfahrens und eine Konzentration auf die Nationalen Aktionspläne (NAP) vor. Sie sieht weitgehend davon ab, quantifizierte Ziele festzulegen: beibehalten wird lediglich die Vorgabe, bis 2010 3 % des BIP für Forschung und Entwicklung aufzuwenden. Schwerpunkt in der Mitteilung sind nicht die mittel- und langfristig zu realisierenden Ziele, sondern die in den Mitgliedstaaten dringend einzuleitenden Maßnahmen.
Weitere Informationen zur Wachstums- und Beschäftigungspolitik der Europäischen Union bei der Europäischen Kommission