EU verschiebt Einstieg in Zinsbesteuerung auf 1. Juli 2005
DIe Schweiz konnte den ursprünglichen Termin nicht einhalten
Brüssel (dpa) - Die Europäische Union kann frühestens ab 1. Juli
2005 gegen Steuerflucht und Geldwäsche durchgreifen. Die EU-Staaten
verschoben den Einstieg in die grenzüberschreitende Zinsbesteuerung
um ein halbes Jahr, da die Schweiz den ursprünglichen Termin zum 1.
Januar 2005 nicht einhalten kann, berichteten Diplomaten am Mittwoch
in Brüssel.
Der neue Termin 1. Juli 2005 gelte unter der Bedingung, dass die
Schweiz und andere Nicht-EU-Länder dann wie vereinbart voll bei der
Besteuerung mitziehen. Deutschland und andere EU-Länder erhoffen sich
von der Steuer erhebliche Mehreinnahmen. Die europäischen
Privatbanken hatten eine Verschiebung sogar um ein Jahr gefordert.
Die EU-Kommission sicherte zu, sie werde umgehend eine Änderung
des bereits verabschiedeten Zinssteuergesetzes vorlegen. Falls das
Zinssteuerabkommen mit der Schweiz dort durch eine Volksabstimmung
gekippt wird, kann das EU-Gesetz nicht in Kraft treten. Bisher ist es
allerdings offen, ob es zu dieser Frage in der Schweiz überhaupt ein
Referendum gibt.
Im Falle einer Schweizer Volksabstimmung sei auch der neue Termin
1. Juli nicht mehr haltbar, hieß es in Kommissionskreisen. Insgesamt
stieß die Verschiebung in der EU-Behörde, die seit 15 Jahren für das
ehrgeizigste Steuerprojekt in der Union kämpft, auf Enttäuschung: «Es
sind schon wieder sechs Monate verloren», meinte ein Beamter.
Die EU hatte die Schweiz als wichtiges Finanzzentrum im Herzen
Europas mit ins Boot geholt. Die meisten EU-Länder, unter ihnen
Deutschland, werden Kontrollmitteilungen über Konten von
EU-Ausländern austauschen und keine Zinssteuer erheben.
Die «Steuerparadiese» Österreich, Belgien und Luxemburg werden
stattdessen eine stufenweise ansteigende Zinssteuer erheben, ebenso
wie die Schweiz. 75 Prozent davon werden dann in die Heimatländer der
auswärtigen Sparer überwiesen.
Die EU-Finanzminister hatten zu Monatsbeginn in Luxemburg die
Zinssteuer endgültig unter Dach und Fach gebracht - bis auf den
Starttermin. Es gibt Abmachungen mit der Schweiz und den Drittstaaten
Liechtenstein, San Marino, Andorra und Monaco, die auch trotz der
Verschiebung gültig bleiben. Mehrere EU-Länder, vor allem Österreich
und Luxemburg, weigern sich, die Zinsbesteuerung in der EU ohne ein
gleichzeitiges Mitziehen der Schweiz einzuführen, da sie um ihre
eigenen Finanzzentren fürchten.