Einreise mit lettischem Fremdenpass

Auch Staatenlose dürfen seit 2007 in der EU frei reisen

Meine Großmutter, die in Lettland nur einen Fremdenpass besitzt, möchte uns dieses Jahr wieder hier in Deutschland besuchen kommen. Bisher benötigte sie immer eine Einladung, damit sie einreisen durfte. Gilt das noch immer?

Seit der Unabhängigkeitserklärung 1991 vergab Lettland die Staatsbürgerrechte automatisch nur an diejenigen, die vor der Annexion - dem Einmarsch der Roten Armee 1941 - die lettische Staatsbürgerschaft besaßen, und an deren Nachkommen. Alle anderen blieben zunächst im Besitz ihrer alten Pässe, die aber ihre Geltung verloren und durch den grauen, so genannten Fremdenpass ersetzt wurden.

Von dieser Regelung waren vor allem Russen betroffen, die zu Zeiten der Sowjetunion planmäßig im Baltikum angesiedelt wurden. Selbst im Jahr 2007 sind noch etwa 30% der lettischen Bevölkerung ethnische Russen, so die Zahlen aus dem "World Factbook" des US-Dienstes CIA. Ähnliches trifft für Estland zu: hier wird der russische Bevölkerungsanteil mit 26% angegeben.

Wer keinen richtigen Pass hat, kann schwerlich reisen. Daran änderte sich auch mit dem EU-Beitritt Lettlands zunächst wenig. Ihre Großmutter wurde also behandelt wie jemand, der von außerhalb der EU nach Deutschland einreisen wollte. Sie brauchte eine Einladung, damit erhielt sie ein Visum und dieses erst ermöglichte ihr, nach Deutschland zu kommen.

Seit Dezember 2006 hat sich die Lage für Menschen mit Fremdenpass aber erheblich verbessert. Die Verordnung EG Nr. 539/2001 wurde geändert und besagt nun, dass auch Personen ohne regulären Pass von der Freizügigkeit in der EU profitieren. Voraussetzung ist, dass diese Personen einen regulären Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat haben und über ein Reisedokument verfügen. Trifft das auf Ihre Großmutter zu, braucht sie weder eine Einladung noch ein Visum, wenn sie nach Deutschland kommen möchte.

Gegenüber den regulären Staatsbürgern haben diese, rechtlich als "Staatenlose" bezeichneten Personen, aber noch immer erhebliche Nachteile. Die Europäische Union, der Europarat oder die OSZE haben mehrfach versucht, Lettland zu bewegen, die Einbürgerungspraxis zu erleichtern.

Derzeit ist die Einbürgerung an Voraussetzungen geknüpft, die nicht immer erfüllt werden können. Erforderlich ist der Nachweis in Kenntnissen der Landessprache, der Verfassung, der Geschichte Lettlands und der Nationalhymne. Das sowie die anfallenden Gebühren und der teilweise notwendige Sprachkurs hat viele abgeschreckt, die lettische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Problematisch ist diese Praxis vor allem für ältere Menschen, die schon seit Jahrzehnten in Lettland leben und nicht mehr eine neue Sprache erlernen wollen, und für die staatenlosen Kinder.

Die Zahl der Staatenlosen ist in Lettland immer noch sehr hoch. Knapp 400.000 Menschen hatten 2006 keine Staatsbürgerschaft, ermittelte das UN-Flüchtlingssekretariat. Bei einer Einwohnerzahl von lediglich 2,3 Millionen fehlt damit fast jedem sechsten Bewohner des Landes ein regulärer Pass.

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